Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

288 Zeitalter der Revolution. 
Drittes Kapitel. 
Die alggemeinen Stände (les états g#néraux) oder die konstitnierende Versammlung 
(5. Mai 1789 bis 30. September 1791). 
Bei der Exöffnung der Stände sprach der König seinen aufrichtigen 
Wunsch aus, das Wohl Frankreichs durch die Mitwirkung der Versamm- 
lung neu zu begründen. „Alles, was man von der innügsten Theilnahme 
an dem öffentlichen Wohle erwarten darf,“ sprach er, „alles, was von 
einem Herrscher, seiner Völker erstem Freunde, erwartet werden kann, 
dürfen Sie von meinen Gesinnungen erwarten. Möge ein glücklicher 
Einklang in dieser Versammlung herrschen und dieser Zeitpunkt auf im- 
mer denkwürdig für das Glück und die Wohlfahrt des Reiches werden! 
Das ist der Wunsch meines Herzens, das ist mein heißester Wunsch, 
das endlich der Preis, den ich für meine redlichen Absichten und meine 
Llebe zu meinen Völkern erwarte." 
Oer dritte Stand erklärt sich zur Rationalversammlung 
(17. Juni). 
Der Schwur im Pallhause (20. Juni). 
Würde in einer stürmischen Zeit der gute Wille hinreichen, so wäre 
Ludwig XVI. der tauglichste Mann für Frankreich gewesen, allein der 
gute Wille rettet in solcher Zett nicht, wenn mit ihm nicht kräftiger Ent- 
schluß und klare Einsicht in den Stand der Verhältnisse vereinigt sind. 
Diese mangelte dem Könige und dem Ministerium Recker gänzlich; es 
hatte nicht einmal bestimmt, in welcher Form die Berathungen der Stände 
gehalten werden sollten und überließ es ihnen, wie sie darüber einig 
werden möchten; das hieß auf deren guten Willen und Einigkeit zu viel 
vertrauen. Adel und Gelstlichkeit verlangten, daß jeder Stand gesondert 
seine Sitzungen halte, der dritte Stand aber beharrte auf gemein- 
schaftlicher Berathung und erklärte sich sogar auf den Antrag des Abbe 
Sicyes zur Nationalversammlung. Der König war durch diesen 
Schritt, welcher die bisherige Verfassung geradezu umwarf, sehr ent- 
rüstet und verbot dem dritten Stande jede weitere Versammlung. Dieser 
aber versammelte sich dennoch am 20. Juni in dem Ballhause zu 
Versailles und hier schwuren die Abgeordneten einander einen feler- 
lichen Eid, nicht eher auselnander zu gehen, als bis Frankreichs Ver- 
fassung auf einer sichern Grundlage erbaut sein würde. Das Volk ju- 
belte Beifall, die Pariser erklärten sich für die Abgeordneten und waren 
von jetzt an das schlagfertige Heer, auf welches die Nationalversammlung 
rechnen durfte. Schon am 22. Juni gingen 140 Geistliche zu dem drit-
	        
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