Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Der Sturm auf die Bastille. 289 
ten Stande über und in der Begeisterung wurden einander neue Ge- 
lübde zugeschworen. Am 23. war sogenannte königliche Sitzung; der 
König kam mit allem Glanze der Majestät; Adel und Geistlichkeil folg- 
ten ihm durch die Hauptpforte in den Saal, während die Abgeordneten 
des dritten Standes unter strömendem Regen warten mußten, bis sie 
durch ein Seitenthor eingelassen wurden. Alsdann tadelte der König in 
scharfen Worten das Unterfangen der Stände, erklärte ihre bisherigen 
Beschlüsse für ungiltig, legte einige Verbesserungsplane vor und drohte 
die Versammlung aufzulösen, wenn sie nicht darauf eingehe; jeder Stand 
solle in Zukunft in dem angewiesenen Lokale berathen. Als der König 
die Versammlung verlassen hatte, entfernten sich auch der Adel und ein 
Theil der Geistlichkeit; die bürgerlichen Abgeordneten aber blieben und 
der Graf von Mirabeau (der sich von dem dritten Stande hatte wäh- 
len lassen nach dem Vorbilde der römischen Patricier, dle sich den Weg 
zum Tribunate vermittelst der Adoption durch einen Plebejer öffneten) 
forderte sie auf, dem Schwure im Ballhause getreu zu bleiben. Der 
König schickte den Oberceremonienmeister und befahl ihnen auseinander 
zu gehen; diesem aber rief Mirabeau entgegen: „Gehen Sie und sagen 
Sie Ihrem Herrn, daß wir durch die Wahl des Volkes hier sind, und 
daß wir nur durch die Gewalt der Bajonette auseinander getrieben wer- 
den können!“ Die Versammlung erklärte darauf die Person eines Abge- 
ordneten für heilig und unverletzlich und jeden des Hochverraths an der 
Ration schuldig, der gegen die Person eines Abgeordneten Gewalt ver- 
suche. So trotzte der dritte Stand dem Könige, und dieser glaubte bei 
der Stimmung des Volkes keine andere Wahl zu haben, als daß er 
Adel und Geistlichkeit zur Vereinigung mit dem dritten Stande auffor- 
derte, was am 27. Juni auch geschah. 
Der Sturm auf die Bastille (14. Juli). 
Nach diesem Schlage auf die königliche Gewalt mußte sich die Ver- 
sammlung gefaßt machen, daß ihr die eroberte Macht wieder entrissen 
würde. Bald bewiesen kriegerische Anstalten, daß der König das Mili- 
tär zur Wiederherstellung seines Ansehens gebrauchen werde; ein Heer 
von 50,000 Mann wurde unter dem Herzog von Broglie um Ver- 
sailles zusammengezogen, und die Schweizerregimenter und andere sichere 
Tmuppentheile nach Paris und Versailles verlegt. Argwohn und Miß- 
mauen, durch zahlreiche Flugschriften und Winkelredner unterhalten und 
gesteigert, erfüllten Paris und das Land; dem König schrieb man noch 
immer den besten Willen zu, aber die Meinung gewann die Oberhand, 
er werde von der Königin und seinen Brüdern zu Gewaltmaßregeln 
gegen die Nationalversammlung geleitet. Dazu kam die plötzliche Ent- 
lasung und Verweisung Neckers aus Frankreich (11. Julh gewie das 
Bumüller, Neue Zeit. 6. Aufl.
	        
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