290 Zeitalter der Revolution.
Gerücht, der Herzog von Orleans, der aus Haß gegen den König den
Volksfreund spielte, sollte verhaftet werden. Am 12. Juli trug ein Haufe
Menschen die mit Flor behangenen Büsten der beiden Männer durch die
Straßen; der Haufe schwoll zusehends an, wurde aber von dem Prinzen
Lambesk durch Dragoner auseinander gesprengt. Allein während der
Nacht ging das Werk des Aufstandes seinen Gang fort; die Bürger be-
waffneten sich und am Morgen heulten die Sturmglocken von allen
Thürmen; es wurden 50,000 Piken geschmiedet und mit ihnen der
Pöbel der Vorstädte St. Antoine und Marceau bewaffnet. Den Tag
darauf, am 14. Juli, wurde das Gerücht verbreitet, daß die Soldaten
gegen Paris im Anzuge seien, und augenblicklich erscholl das Geschrei:
nach der Bastille, nach der Bastille! Dieses war eine alte Festung in
der Stadt, in welcher seit Richelieus Zeit, aber nicht unter Ludwig XVI.,
mancher unschuldige Gefangene geschmachtet hatte; dahin, hieß es, sollen
die Abgeordneten gesperrt werden, wenn die Soldaten die Stadt über-
wältigt hätten.
Ein ungeheurer bewaffneter Haufe aus Männern jedes Standes
stürmte die Bastille, die belnahe keine Besatzung hatte, und eroberte sie;
sie ward dem Erdboden gleichgemacht, und an diesem Tage wurden zum
erstenmale bluttriefende Köpfe auf Piken herumgetragen, nämlich die des
Bastillekommand anten und einiger Soldaten; an demselben Tage ermor-
dete der Pöbel noch einige sogenannte Aristokraten und verstärkte mit
ihren Köpfen die Embleme seines Zuges. Der König selbst kam nach
Paris und sprach dem Drange seines Herzens folgend väterliche Worte
zu dem Volke, das ihm zujauchzte, und als der aus der Verbannung
zurückgekehrte Necker wie eine rettende Gottheit in Stadt und Land auf-
genommen wurde, glaubte sich der eitle Minister durch die Volksgunst
allmächtig. Nach wenigen Tagen aber wurden der Staatsrath Fonlon
und dessen Schwiegersohn Berthier, sowie der Präsident des Pariser
Magistrats, Flesselles, ermordet, und auf dem Lande zündeten die Bauern
die Schlösser der Adeligen an; dafür wies sie die Nationalversammlung
in einer scharfen Proklamation zurecht!
Die Nacht des 4. August.
König und Rationalversammlung in Paris.
Die adeligen Abgeordneten, welche sich so lange gesträubt hatten,
wurden endlich auch von der herrschenden Begelsterung ergriffen, oder
sie bangten für ihr Leben und Eigenthum, wenn sie länger widerstrebten,
und deßwegen wurde ein klug überlegter Gedanke nach französischer Weise
in die Scene gesetzt. In der Nacht des 4. August trugen Abgeordnete des
Adels selbst auf die Aufhebung aller Vorrechte an, ebenso auf die Ab-