Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

292 Zeitalter der Revolution. 
König in ihren vorläufigen Verfassungsbestimmungen; es wurde eine 
Kammer gut befunden, welche allein die gesetzgebende Gewalt ausüben 
sollte; dem Könige wurde mit Noth ein suspendierendes Veto in der 
Weise zugeschieden, daß ein von der Kammer beschlossenes Gesetz durch 
das königliche Veto auf vier Jahre verschoben sein sollte. Jetzt war 
das Veto der Tert der Aufruhrprediger und die Königin wurde in einem 
Gassenhauer als eMadame Veto“ verhöhnt. 
Die Nationalversammlung fährt sort Frankreich umzugestalten. 
Tundessest der Franzosen (am 14. Juli 1790). 
Am 26. Oktober erhielt Frankreich eine neue gleichförmige Einthei- 
lung; die alten Provinzen verschwanden bis auf den Namen und mach- 
ten 83 Departements Platz, die nach Flüssen, Bergen u. s. w. be- 
nannt wurden. Jedes Departement zerfiel wieder in Distrikte, der Di- 
strikt in Kantone. Jedes Departement erhielt ein Kriminalgericht, der 
Distrikt ein Civil-, der Kanton ein Friedensgericht. Alle Aemter wurden 
durch Volkswahlen besetzt. Dann kam die Reihe an die Geistlichkeit; 
die Kirchengüter wurden zum Nationalgut erklärt am 2. Nov. (im An- 
schlag 3000 Mill. Fr.) und ein Papiergeld ausgegeben, welches auf den 
Erlös dieser Güter angewiesen und deßwegen Assignaten genannt wurde. 
Die Klöster wurden aufgehoben und die bisherige kirchliche Organisation 
umgestürzt; Frankreich sollte zehn Erzbischöfe und in jedem Departement 
einen Bischof haben; die Wahl der Geistlichen sollte dem Volke über- 
lassen sein, die Geistlichen vom Staate bezahlt werden. Religionsfrei- 
heit und Preßfreiheit wurden verbürgt. Zuletzt kam der Adel noch ein- 
mal an die Reihe; alle Adelsbriefe, Wappen, Ritterorden, Livreen, Ti- 
tel u. s. w. wurden abgeschafft, die Majorate aufgehoben, Freiheit und 
Gleichheit aller Franzosen verkündet. 
Nachdem Frankreich auf diese Weise geebnet und centralisirt war, 
kam der Jahrestag der Eroberung der Bastille, und dieser sollte beson- 
ders feierlich begangen werden; an diesem Tage sollten der König, die 
Mitglieder der Nationalversammlung, die Abgeordneten der Departe- 
ments, die Pariser Nationalgarde, die Deputierten der Nationalgarden 
aus den Departements den Eid auf die neue Verfassung schwören. Das 
Marsfeld (eigentlich Märzfeld) war dazu bestimmt; der große Platz 
war mit Rasenstufen umgeben, auf welchen sich wenigstens 400,000 
Menschen aufstellten; der Enthusiasmus der Pariser hatte in wenigen 
Tagen die Arbeit vollbracht, da sogar vornehme Frauen an derselben 
Theil nahmen. In der Mitte war ein alterthümlicher Altar errichtet; 
um den Altar, auf einer Rednerbühne, sah man den König und die 
königliche Familie und neben ihr die Nationalversammlung und den Ge-
	        
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