Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

388 Zeitalter der Revolution. 
fortdauernder Kanonendonner scholl. Das war den Preußen unter Blücher 
ein Sporn auf ihrem mühseligen Marsche; denn die Wege waren durch 
das Regenwetter grundlos geworden, und Mann und Roß drohten ermüdet 
umzusinken. Nachmittags kamen die Preußen zur Schlacht an; alle 
ihre Züge hatten sich gegen die Höhe von Belle Alliance gerichtet; 
es war hohe Jeit; denn Napoleon hatte trotz Wellingtons furchtbarem 
Widerstande Boden gewonnen, und die Siegesfreude machte die Angriffe 
der Franzosen noch stürmischer. Die Preußen gaben jedoch dem furcht- 
baren Tage eine andere Wendung; vergebens boten die Franzosen ge- 
gen den neuen Feind alle Tapferkeit auf und entwickelte Napoleon sein 
ganzes Genie, die Preußen drangen unaufhaltsam vor und auch Wel- 
lingtons gelichtete Linie schritt zum Angriffe. Da führte Napoleon seine 
Gardebataillone vor, aber diese wurden durch Kartätschen, Bajonette 
und Säbel niedergestreckt. Gerne wäre Napoleon in seiner letzten Schlacht 
unter seinen Tapfern gestorben; aber der Marschall Soult rief ihm zu: 
„Sire, man tödtet Sie nicht, man nimmt Sie gefangen", und die all- 
gemeine Flucht riß auch ihn fort. 
Das ist die Schlacht von Waterloo, deren sich auch die Besieg- 
ten nicht schämen; die Ehre des Sieges gebührt der deutschen Ta- 
pferkeit. Wellingtons Heer in seiner Vertheidigungeschlacht bestand 
zum größern Theile aus Deutschen, besonders aus Hannoveranern, Nas- 
sauern und Braunschweigern, zum kleineren Theile aus Engländern und 
Holländern, und zudem wäre Wellington trotz seines Widerstandes ver- 
loren gewesen, wenn Blücher nicht herbeigeeilt wäre. 
Die Preußen verfolgten den Feind unausgesetztz sie gönnten ihm 
keine Rast, Napoleon konnte keine Ordnung mehr herstellen; die Preußen 
kamen vor Paris an, ehe Grouchy zu Hilfe kommen konnte, und nach 
einigen blutigen Gefechten kapitulierte die erschrockene Stadt (7. Juli. 
Napoleon hatte schon am 22. Juni die Krone zum zweitenmale nie- 
dergelegt, ergab sich in Rochefort den 8. Juli an die Engländer 
und das Linienschiff Bellerophon brachte ihn auf die Rhede von Tor- 
bay. Er rief die englische Gastfreundschaft und den Schutz der englie 
schen Gesetze an, indem er von nun an als Privatmann in England 
wohnen wolle. Aber am 2. Juli hatten die Verbündeten einen Vertrag 
geschlossen, demzufolge Napoleon als Gefangener unter englischer Obhut 
nach St. Helena gebracht wurde. Am 18. Oktober, dem Jahrestage 
der Schlacht bei Leipzig, kam er auf dieser Insel an und lebte da bis 
zum 5. Mai 1821. Er trug sein Schicksal würdig und ungebeugt, und 
diktlerte einigen Getreuen die Geschichte seiner Thaten; seufzend sagte 
er einmal: „wäre ich Kaiser der Deutschen gewesen, so stürbe ich nicht 
auf diesem Felsen." So ehrte er die Treue eines Volkes, das er dem 
Untergang bestimmt hatte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.