Griechenland. 415
Tombasi, Miaulis, vor allen aber der Branderführer Kanaris,
während unter den zu Lande gegen die Türken fechtenden Häuptlingen
Kolokotroni, Mauromschali (Bey der Mainoten), Guras, Odys-
seus, Panurias, Nikitas, Karaiskaki, die Sulioten Botzarris
und Tsavellas am meisten genannt wurden. Die Türken geriethen
durch den griechischen Aufstand in Wuth; der Sultan forderte durch
einen Hatscherif alle Moslemin zum Kampfe gegen die Ungläubigen auf
und nun stürzte sich der türkische Pöbel in den Städten auf die christ-
liche Bevölkerung, mordete Männer, schändete Weiber und verkaufte
Kinder in die Sklaverei. Am schauerlichsten ging es in Konstantinopel
selbst zu; der greise Patriarch Gregorios, der nicht nur der Hetärie
fremd geblieben war, sondern die Aufständischen mit dem Banne belegt
hatre, wurde am Ostertage mit andern Geistlichen an der Thüre seiner
Kirche aufgehenkt, gegen 30,000 Griechen wurden von dem Pöbel und
den Janitscharen geschlachtet, viele reiche Fanarioten auf Befehl des
Sultans hingerichtet und deren Vermögen eingezogen. Diese Wütherei,
welche in Adrianopel, Thessalonich, in Smyrna und an der kleinasiati-
schen Küste, auf Kreta und Kypern die gräuelvollste Nachahmung fand,
dauerte von April bis in den Herbst; die Gesandten der christlichen
Mächte erhoben in Konstantinopel vergebens Einsprache, sie selbst wurden
ron den Türken mit verdächtigen Augen angesehen, dem russischen, Stro-
ganoff, widerfuhren Insulte, der Bosporus wurde den russischen Schiffen
geschlossen. Daher brach Stroganoff allen Verkehr ab und schiffte sich
Ende Juli nach Odessa ein; russische Truppenmassen bewegten sich ge-
gen den Pruth, allein der Sultan gab dem Zureden der andern christ-
lichen Mächte, den Kaiser Alerander geziemend zu beschwichtigen, um so
eher nach, als derselbe gleich den andern Kabinetten den griechischen
Aufstand wiederbolt als Rebellion erklärte. Um so größeren Anklang
fand die griechische Sache bei den Völkern; der Name Grieche, Hellene,
regte den ganzen Zanber auf, mit welchem die Geschichte des hochbe-
gabten Volkes der klassischen Vorzeit das jugendliche Gemüth erfüllt,
crinnerte an die Pflicht der Dankbarkeit, die jedes civilisierte Volk den
alten Hellenen schuldet, und wenn auch das gemeine Volk in der euro-
päischen Christenheit von Themistokles und Leonidas, von Phidias und
Sokrates nichts wußte, so nahm es um so eifriger für die Griechen
als Christen Partei, und seine Theilnahme steigerte sich um so mehr, je
entsetzlicher die Nachrichten über die Gräuelthaten der Türken lauteten.
Das christliche Volk begriff nicht recht, wie die heilige Allianz es dulden
konnte, daß die Türken das Kreuz mit Füßen treten, Myriaden un-
schuldiger Christen ermorden durften, wie jene Goßmächte, welche sich
auf dem Wiener Kongresse so feierlich gegen den Handel mit Negerskla-
ven erklärt hatten, den Verkauf von Tausenden griechischer Mädchen und