Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

416 Die Zeit von 1815 bis 1847. 
Knaben in den Schanddienst der türkischen Harems gestatten konnten. 
Besonders bitter war die Stimmung gegen England, das den massen- 
haften Christenmord und Christenverkauf im östlichen Europa nicht nur 
duldete, sondern von Malta und den jonischen Inseln aus die Türken 
mit Waffen, Munition, gutem Rath und Anzeigen unterstützte, während 
es gegen den Verkauf der Neger in spanische und portugiesische Plan- 
tagen nicht genug Worte des Abscheus und der Drohung aufbringen 
konnte und unzählige Bibeln in die heidnische und christliche Welt aus- 
theilte. Wohl hörte man Stimmen, welche den Griechenfreunden war- 
nend entgegentraten: „der griechische Aufstand dient einzig und allein den 
Planen Rußlands gegen die Türkei und deßwegen ist es ein Gebot der 
Politik, demselben ein möglichst schnelles Ende zu bereiten, damit die 
Türkei Rußland gegenüber so wenig als möglich geschwächt werde.“ 
Man hätte diese Rücksicht in der That billigen müssen, wenn die christ- 
lichen Mächte interveniert und dem Aufstande der Griechen zugleich mit 
der Wütherei der Türken ein Ende gemacht hätten, wenn endlich nickt 
doch ein anderer Weg eingeschlagen worden wäre, der für die Türkei 
verderblich wurde. 
So überließ das christlicke Europa die Griechen vorläufig den Tür- 
ken, in der Voraussetzung, daß diese mit ihnen bald fertig sein würden. 
Nach englischer Berechnung mußte überdies die Türkei um so fester 
werden, je geringer die Zahl der Griechen, der gefährlichsten Feinde der 
Türkei, wurde! Diese hatten keinen gemeinschaftlichen Mittelpunkt und 
auch nur sehr geringe Hilfsquellen; zwar wurde Demetrius Dypsi= 
lanti, der Bruder des moldauischen Hetäristenchefs, zum Oberkomman= 
danten im Peloponnese ernannt, die gleiche Stellung dem Fanarioten 
Maurokordato im westlichen, dem Thessalier Odysseus im nordöst- 
lichen Griechenland angewiesen, aber die Kapitanis (Palikarenhäuptlinge) 
gehorchten ihnen selten und handelten gewöhnlich auf eigene Faust. Den- 
noch errangen die griechischen Waffen im Peloponnese nicht unbedeutende 
Erfolge; die Türken griffen die griechischen Schanzen bei Valtezza am 
27. und 28. Mai vergebens an und warfen sich darauf in die festen 
Plätze Napoli di Romania (Nauplia), Napoli di Malvasia, Modon, 
Koron, Navarin, Kastell Tornese, Korinth, die Hauptmasse nach Tripo- 
liza, welche Plätze darauf von den griechischen Heerhaufen blockiert wur- 
den. Die Uebergabe wollten sie durch Hunger erzwingen, deun sie hat- 
ten keine Kanonen, selbst Mangel an Musketen, Pulver und Blei; 
dagegen verstanden es auch die Türken nicht, von ihrem Geschütze wirl- 
samen Gebrauch zu machen, so wenig als sie zur Ausführung kombinier 
ter taktischer Bewegungen geeignet waren. Der Krieg wurde deßwegen 
wesentlich ein Guerillaskrieg; auf einen Kampf im freien Felde durften 
sich die Griechen nicht einlassen, denn ohne Bajonet und Quarrébildung
	        
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