Griechenland. 417
konnten fie einigen hundert türkischen Reitern nicht widerstehen, auch
liebten sie ohnehin den offenen Kampf nicht; wo sich größere Schaaren
den Türken entgegenstellten, so geschah es in natürlich festen Stellungen,
hinter Schanzen, Manern 2c. Im Mat segelte endlich die türkische Flotte
aus den Dardanellen, um den belagerten Plätzen im Peloponnese Unter-
stützung zu bringen; im Archipel aber wurde sie von den leichten grie-
chischen Schiffen, die übrigens nur 6—12 Geschütze, meistens Sechs-
pfünder, trugen, dermaßen umschwärmt, daß die Kapitäne der türkischen
Linienschiffe bei ihren Vierundzwanzig= und Sechzigpfündern alle Fassung
verloren; ein Linienschiff gerieth bei Tenedos auf den Strand und wurde
von den Griechen angezündet, die andern aber suchten darauf Schutz
innerhalb der Dardanellen.
Im Spätsommer ergaben sich die ausgehungerten Festungen Na-
poli di Malvasia und Navarin, Tripolizza unterhandelte, als unerwartet
die türkische Flotte in den Gewässern des Peloponneses erschien, Koron,
Modon und. Nauplia verproviantierte und bei den Türken solche Hoff-
nungen erregte, daß die in Tripolizza Eingeschlossenen 60 vornehme
griechische Gefangene niedermetzelten. Doch der Kapudan Pascha reti-
rierte abermals vor den griechischen Briggs hinter die Dardanellen,
Tripolizza gerieth in die größte Noth und knüpfte wieder Unterhand-
lungen an; aber während derselben erstlegen Kolokotronis Palikaren die
unbewachten Mauern, 8000 Türken jedes Alters und Geschlechts wurden
niedergemacht und sehr viel Gut und Kriegsbedarf erbeutet; bald darauf
zwang der Hunger das uneinnehmbare Akrokorinth zur Uebergabe.
Weniger günstig war das Glück den Griechen jenseits des Isthmus;
der Seraskier Churschid Pascha hielt ihren Bundesgenossen, den alten
Ali Tepeleni, in Janina enge eingeschlossen und ließ durch Omer
Vrione, den Pascha von Negroponte (Euböa), Athen und Arta ent-
setzen, während die theffalischen Türken die Belagerer von Larissa in
die Berge vertrieben, der Pascha von Salonicht die aufgestandene make-
donische Halbinsel Kassandra (bei den Alten Halbinsel Pallene) unter-
warf und 3000 Griechen umbrachte; nur in den Thermopylen hatte
Odysseus die Türken zurückgeschlagen.
Zu Anfang des folgenden Jahres (1822) gaben sich die Griechen
auf der Nationalversammlung zu Argos eine republikanische Ver-
sassung und setzten eine gemeinschaftliche Regierung ein; diese fand je-
doch wenig Gehorsam und bereits zeigte sich der Zwiespalt zwischen den
Primaten (vornehme bürgerliche Geschlechter, meistens Kaufleute von
den Inseln) und den Kapitanis, der sich später bis zum Bürgerkriege
steigerte. Dagegen war das Kriegsglück den Griechen im Ganzen sehr
günstig. Der von Persien gegen die Türkei eröffnete Krieg und die
Aufstellung einer Beobachtungsarmee an der russischen Grinze machten
Bumüller, Neue Zeit. 6. Aufl.