Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Die Türkennoth. 31 
in den Straßen und auf den öffentlichen Plätzen, während andere rlefen: 
"thut Buße, das Himmelreich ist nahe !“ Wieder andere schrieen, sie 
sähen den Himmel offen und die Engel Gottes auf die Erde niederstei- 
gen. Sie richteten eine christliche Gemeinde ein, krugen alles Gold und 
Silber zusammen, wählten Aelteste, die das gemeine Gut verwalteten, 
jetem seine Arbeit anwiesen und Gewand und Schuhe vertheilten; an 
gemeinschaftlichen Tafeln aßen Männer und Weiber gesondert. Die An- 
griffe des Bischofs und seiner Bundesgenossen schlugen sie tapfer zurück 
und machten kühne Ausfälle in die Umgegend; wer aber in der Stadt 
gegen sie sein wollte, büßte es mit dem Kopfe. Mathiesen, einer ihrer 
Propheten, verkündete einmal, er wolle den Feind mit seinem Stabe 
schlagen; der Narr machte wirklich mit einigen wenigen einen Ausfall 
und wurde von den Landsknechten niedergestochen. Nun erhob sich als 
Hauptprophet Johann Bockhold von Leyden, ein lüderlicher Musi- 
kant und Schneider; dieser erhielt die Offenbarung, daß er König wer- 
den solle, vorerst in Münster, von wo aus sich dieses Reich Gottes über 
die ganze Erde verbreiten werde. Er wurde wirklich in Münster König 
oPoder Gerechtigkeit“, führte die Vielweiberei ein und bedachte sich dabei 
am besten, schickte auch zwölf Apostel aus, welche das neue Reich ver- 
kündeten — aber festgenommen und hingerichtet wurden. Münster selbst 
wurde endlich (1534) von den westfälischen Kreistruppen eingeschlossen, 
und es entstand eine große Hungersnoth, während der König selbst 
schwelgte; eines seiner Weiber, das Zweifel an selner göttlichen Sendung 
äußerte, köpfte er eigenhändig. Dennoch harrten die Schwärmer bei 
ihm aus und schlugen noch halbverhungert alle Stürme ab. Zu-etzt 
wurde den Belagerern nachts (24. Juni) durch Verrätherei eine Pforte 
geöffnet; der Feind drang in die Stadt, überwältigte aber den verzwei- 
felten Widerstand nur mit großer Mühe. Der König der Gerechtigkeit, 
sein Scharfrichter Knipperdolling und ein anderer Helfershelfer, 
Krechting, wurden aus ihren Schlupfwinkeln hervorgezogen, eine 
Stunde lang mit glühenden Zangen gezwickt, dann hingerichtet und die 
Leichname in eisernen Käsigen aufgehängt. So endete das kommmnistische 
Reich der Wiedertäufer 1535. 
Fünftes Kapitel. 
Die Türkennotb. 
Sultan Solyman II. vor Wien (1529). 
Während in Deutschland Bauern und Wiedertäufer geschlachtet 
wurden, aber keine Einigkeit im Glauben zu Stande kam und sich die
	        
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