Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

418 Die Zeit von 1815 bis 1847. 
es dem Sultan unmöglich bedeutende Streitkräfte gegen Griechenland 
zu verwenden. Zwar hatte sich Ali Pascha in Janina an Churschid er- 
geben und war wortbrüchig ermordet worden, doch hinderte diesen der 
Widerstand der Sulioten die in Livadien und Morea operierenden Tür- 
ken kräftig zu unterstützen. Im Frühjahre erfüllte der Kapudan Pascha 
Europa mit Abscheu; die Samioten hatten die blühende Insel Chios 
im Mätz besetzt und zum Aufstande verleitet, als aber die türkische Flotte 
nahte, ließen sie Chios im Stich und flüchteten in die Gebirge ihrer 
eigenen Insel. Im April setzte der Kapudan Pascha 15,000 Asiaten 
bei Chios an das Land, welche keinen Widerstand fanden, aber alle 
Männer ermordeten und gegen 40,000 Weiber und Kinder in die Skla- 
verei schleppten; auch die Mastirdörfer, welche mit ihrem Erzeugnisse 
fast ganz Europa versorgt hatten, wurden niedergebrannt. 
Während die Flotte bei der ausgemordeten Insel vor Anker lag 
und den Betram feierte, näherten sich am Abend drei kleine Segelschiffe 
unter österreichischer Flagge, ohne daß sie besondere Aufmerksamkeit er- 
regten, in der Nacht aber führte der Ipsariote Kanaris (Tie fremden 
Schiffe waren griechische) seinen Brander bis an das türkische Admiral= 
schiff und hängte ihn fest. Das große Schiff stand bald in hellen 
Flammen und flog mit 2000 Türken sammt dem Kapudan Pascha in 
die Luftz dieser wurde gräßlich verbrannt aufgesischt und starb am asia- 
tischen Ufer. Noch größeren Verlust erlitt die türkische Flotte im Spät- 
herbste; am 10. November flog abermals das von einem Brander an- 
gezündete türkische Admiralschiff auf und drei Fregatten scheiterten an 
der asiatischen Küste. Dennoch konnten die leichten griechischen Schiffe 
den schweren türkischen niemals einen offenen Kampf anbieten und muß- 
ten sich darauf beschränken, die Ungeschicklichkeit und faule Sorglosigkeit 
der Türken zu verwegenen Handstreichen zu benützen, an der Verpro- 
viantirung der von der Landseite blockierten türkischen Festungen konnten 
sie aber den Kapudan Pascha nie gänzlich verhindern. 
Einen Aufstand der makedonischen Griechen an der thessalischen 
Gränze dämpfte der Pascha von Salonichi, indem er 150 Dörfer ver- 
brannte und 5000 Familien ausrottete. In Westgriechenland waren 
die Operationen der Türken anfangs sehr glücklich; bei Peta liefen 
5000 Griechen vor den Türken davon, fast ehe sie einen Schuß abge- 
fcuert hatten, und das schwache Bataillon Philhellenen (meistens 
junge enthusiastische Deutsche) wurde beinahe aufgerieben. In Folge da- 
von übergaben die Sulioten ihre Bergfestung auf die Bedingung freien 
Abzugs in den Peloponnes, die Paschas Omer Vrione und Reschid (von 
Arta) schloßen das schwach befestigte Missolunghi ein, den einzigen festen 
Platz, welchen die Griechen in Livadien besaßen, bis sich ihnen endlich die 
ausgehungerte Akropolis von Athen ergab. Pascha Dram Ali fand mit
	        
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