Deutschland und Oesterreich. 461
wortete. Die Reibungen der dänischen und deutschen Nationalität zeigten
sich also früh genug und sie mußten fortdauern, wenn die deutsche einige
Lebenskraft behielt, und daß diese sich fortwährend verstärkte, dafür sorgte
der fratzenhafte dänische Stolz bei zunehmender Armseligkeit.
Dänemark war jedoch nicht der einzige auswärtige Staat, der
durch ein deutsches Nebenland sich dem deutschen Bunde anhängte, das
Königreich der vereinigten Niederlande erhielt die gleiche Gunst, in-
dem dessen König 1815 Großherzog von Luxemburg und dadurch Mit-
glied des deutschen Bundes wurde. Die niederländische Politik bewies
ihre Freundschaft gegen Deutschland dadurch, daß es demselben die
Rheinmündung sperrte und es über zwei Jahrzehnte mit der bekannten
Auslegung der freien Rheinfahrt „zusqu'dà la mer“ (bis an das Meer)
foppte. Es verkaufte den Kaffee, die Gewürze, den Tabak 2c. seiner
überseeischen Besitzungen fast ausschließlich an Deutschland, belegte aber
die deutsche Einfuhr mit höheren Zöllen als z. B. die englische und
französische; es warb die Truppen, mit denen es nach 1815 sein Ko-
lonialreich auf den Sundainseln eroberte, zum größten Theil aus Deut-
schen, gab aber möglichst wenige Offizierstellen an Deutsche. Der
deutsche Bund kümmerte sich um den Sundzoll gar nicht und bekämpfte
die Sperrung des „deutschen Rheins“ nur mit diplomatischen Noten,
es schien ihm überhaupt weder an dem deutschen Handel, noch an den
natürlichen Handelsstraßen etwas zu liegen. Jeder deutsche Staat um-
gab sich mit einem stacheligen Zollgürtel gegen seinen Nachbar und nur
die winzigen Stäätchen, denen es unmöglich war, die nöthige Anzahl
Zollwächter zu bezahlen, verständigten sich mit dem größeren Nachbar,
so daß ein Deutscher, der 50 Stunden auf vaterländischem Boden reiste,
es wohl treffen konnte, daß er fünfzigmal nach zollbaren Gegenständen
durchsucht und bei der damaligen Sitte der Zollwächter ebenso oft durch
verfängliche Fragen in die Gefahr als Schmuggler bestraft zu werden
gebracht wurde. Die freie Beschiffung der deutschen Flüsse und Ströme
wurde 1815 durch eine eigene Akte grundsätzlich ausgesprochen, aber
dabei hatte es auch sein Bewenden; denn die Konferenzen, die z. B.
über die Main-, Elbe= und Rheinschifffahrt abgehalten wurden, ver-
mochten die einzelnen Staaten nicht ihre Zölle und Stapelrechte auf-
zugeben, oder natürliche Hindernisse der Flußfahrt zu Gunsten eines
Nachbars wegzuräumen oder diesem die Wegräumung zu gestatten. So
blieb fast alles stehen, was der alte Partikularismus aufgebracht hatte
und das Interesse einzelner Staaten, Ortschaften 2c. stützte. Begreiflich, daß
unter solchen Umständen an ein gemeinsames Wechselrecht, an ein gleich-
artiges Verfahren in Handelsprozessen, an Münz-, Gewichts= und Maß-
einheit ferner nicht mehr gedacht wurde und es den Vereinbarungen der ein-
zelnen Staaten anheimfiel, den Wirrwarr etwas weniger kraus zu machen.