474 Die Zeit von 1815 bis 1847.
trugen, so daß er endlich als der Held erschien, der das Ungethüm der
Revolution zu besiegen bestimmt sei; man nannte ihn den Napoleon des
Friedens und sah in seinem so oft bedrohten Leben das von der Vor-
sehung beschützte Unterpfand der Ordnung und Civllisation. Sein älte-
ster Sohn, der Herzog von Orleans, erhielt zwar nicht die Hand einer
Prinzessin aus einem Hause ersten Ranges, jedoch trat er durch seine
Heirath mit Helena von Mecklenburg-Schwerin in die Verschwägerung
der europäischen Monarchen ein (1837); die Räumung Ankonas von
Seite Frankreichs und die Anerkennung Belgiens durch den König von
Holland (1838) bewiesen, daß die Julidynastie bei den Monarchen des
Festlandes durch ihre Verdienste um den allgemeinen Frieden und die Ruhe
Europas das Andenken an ihren Ursprung vergessen gemacht habe.
Algier.
Eine Schwierigkeit für Louis Philipp seinen Franzosen gegenüber
war namentlich Algier, dessen Eroberung die Anhänger des verbannten
Königshauses (die Legitimisten) als eine der glänzendsten Thaten Frauk-
reichs geltend machten und dadurch beweisen wollten, daß Karls X. Po-
litlk eine großartigere und unabhängigere gewesen sei als die des Juli-
königthums. In der That war die Behauptung Algiers, wenn daselbst
ein großer Krlegshafen angelegt wurde, von unberechenbarer Wichtigkeit,
wenn Frankreich einmal mit England den Kampf um die Herrschaft über
das Mittelmeer, das nach Napoleon I. ein französischer Landsee werden
muß, aufnehmen sollte. Englands Toryministerium hatte aus Abrei-
gung gegen den sich bäumenden Liberalismus in Frankreich, der eine
Wiederholung der Revolution drohte, in die Erpedition Karls X. gegen
Algier eingewilligt, damit dieser den glänzenden Worten der Deputierten-
kammer gegenüber den Ruhm einer großen kriegerischen That in die
Wagschale der öffentlichen Meinung Frankreichs einwerfen könnte; es
hatte aber nicht versäumt, seine Gefälligkeit durch die Bedingung zu
beschränken, daß Algier wohl von den Franzosen erobert, aber nicht be-
halten werden dürfe. Die Julirevolution machte einen Strich durch das
französisch-englische Einverständniß wegen Algiers; hätte es Louis Philipp
räumen lassen, so war sein Ansehen bei dem Heere und der ganzen
Nation verloren, eben darum konnte das englische Ministerium ihn nicht
drängen, da demselben die Erhaltung des Julikönigthums vorerst ganz
im englischen Interesse zu liegen schien. Bis 1841, wo General Bu-
geaud Generalgouverneur wurde, hatte es den Anschein, als ob die fran-
zösische Regierung selbst nicht wisse, was sie mit Algier anfangen solle,
als ob Louis Philipp diese Hinterlassenschaft Karls X. gleichsam als ein
glühendes Eisen in den Händen tragen müsse. Unmittelbar nach der
Julirevolution wurde der Marschall Bourmont durch Klauzel, einen