484 Die Zeit von 1815 bis 1847.
die Sympathieen der Franzosen, Engländer und Deutschen, die ihnen
einige Offiziere und Aerzte, einiges Geld und etwas Kriegsvorräthe
übermittelten, also nur sehr wenig nützten.
Am 5. und 6. Februar führte Feldmarschall Diebitsch das etwa
120,000 Mann und 350 Geschütze zählende russische Heer über den
Bug und Niemen; die Polen zogen sich auf die Weichsellinie zurück,
wo sie an Warschau und Modlin treffliche Stützpunkte hatten. Einige
kleinere Gefechte sielen zu Gunsten der Polen aus, was ihre Kampflust
steigerte; am 14. Februar schlug General Dwernicki mit einem Reiter-
korps ein ebenso starkes russisches bei Stoczek und nahm demselben 12
Kanonen ab, überraschte und schlug am 19. die Avantgarde des General
Kreutz unter dem Prinzen Adam von Württemberg, wich aber dann
über die Weichsel nach Gora zurück, weil die russischen Massen heran-
zogen. Eine polnische Division unter General Skrzynecki hatte bei
Dobre am 17. ein glänzendes Gefecht bestanden, war aber nach Wawer,
zwei Stunden vor Warschau, zurückgewichen, wo die polnische Armee
in einer günstigen Stellung der russischen die Schlacht anbot. Chlopicki
war an der Seite des Fürsten Radziwyl und führte obwohl ohne Titel
und Rang thatsächlich den Oberbefehl; er hatte keine Hoffnung, aber
da sich die Armee schlagen wollte, so konnte es der alte Feldherr nicht
über das Herz bringen den Waffenbrüdern seine Erfahrung und Kalt-
blütigkeit am Schlachttage zu entziehen. Nach langem Kampfe, in wel-
chem die Polen 3 Fahnen eroberten und 6 Kanonen vernagelten, mußten
sie doch den Russen das Schlachtfeld überlassen und sich wiewohl in guter
Ordnung auf Grochow zurückziehen, wo sie abermals Stellung nahmen.
Am 25. entbrannte dort der Kampf um 9 Uhr Vormittags; lange wurde
heftig und ohne Entscheidung gefochten, bis ein russisches Korps, welches
General Krukowiecki bei Bialolenka (auf dem linken Flügel der polni-
schen Aufstellung) geworfen, aber Chlopickls Befehlen den Gehorsam
versagend nicht verfolgt hatte, die Polen in der Flanke faßte und zum
Rückzug nach Praga zwang. Beide Theile hatten selt dem 20. Febmar
wenigstens 10,000 Mann verloren, die Polen aber entbehrten fernerhin
die Leitung Chlopickis, der in der Schlacht durch eine Granate verwun-
det wurde und in Krakau ein Asyl (bis zu seinem Tode 1855) fand.
Der Oberbefehl wurde Skrzynecki übertragen, der sich bei Grochow
als der beste Taktiker bewährt hatte; auch er verhehlte seine Hoffnungs-
losigkeit nicht, glaubte jedoch durch eine ehrenhafte Vertheidigung den
Kaiser Nikolaus zu einer für Polen nicht ganz ungünstigen, von Frank-
reich, England und Oesterreich vermittelten Uebereinkunft bestimmen zu
können. Diebitsch hielt zwar durch die blutigen Kämpfe bei Wawer
und Grochow die Kraft des polnischen Heeres gebrochen, fand jedoch
elnen Sturm auf Warschau zu gewagt, um so mehr als Dwernickt in