Das Durchsuchungsrecht. 549
endlich erschien ein ägyptisches Heer unter Churschid Pascha, das Arabien
in seiner ganzen Brette siegreich durchzogen hatte, am persischen Meer-
busen. Arabien durfte aber nicht in den Händen des Beherrschers von
Aegypten bleiben, da England über den arabischen und persischen Meer-
busen gebieten wollte und will. Nach 1840 beantragten Frankreich und
Oesterreich bei Mehemet Ali den Durchstich der Landenge von Suez,
einen Kanal, der für schwere Handelsschiffe fahrbar sein sollte; der Vlce-
könig zeigte sich sehr geneigt, der mächtige englische Einfluß aber verhin-
derte die Ausführung eines Werkes, durch welches für die Häfen des Mittel-
meeres ein neuer Tag anbrechen würde. Deun welche unabsehbare Folgen
für den Handel Deutschlands, Frankreichs, Itallens und Griechenlands
knüpfen sich an die Möglichkeit, daß Marseille, Genua, Hydra, Triest rc.
Schiffe auf dem kürzesten Wege durch den arabischen Meerbusen nach Ost-
indien, China und Australien segeln und dampfen könnten; in welchem Vor-
theile wären nicht die Rheder am mittelländischen Meere gegenüber den
Engländern, Holländern, Skandinartern und Nordamerikanern! Ein für
große Handelsschiffe fahrbarer Kanal durch die Landenge von Suez wäre
für Deutschland und Itallen dasselbe, was für Portugal die Auffindung
des Seewegs nach Ostindien durch Vasko de Gama war; das kann aber
nur Frankreich und Oesterreich im Bunde mit dem Beherrscher Aegyptens
ausführen, insofern nur unter diesen Verhältnissen die von England be-
reitete Hemmung zu überwinden ist. Die Eisenbahn zwischen Alerandrien
und Suez, welche die Engländer seitdem angelegt haben, nützt nur ihnen,
insofern sie dadurch einen beschleunigteren Post= und Reiseverkehr mit ihrem
indischen Reiche herstellen und einen neuen Ring zu der Kette schmieden,
mit welcher sie Aegypten vorerst an sich fesseln, um es später bei gün-
stiger Gelegenheit an sich zu reißen. (Unter der Leitung des Franzosen
Lesseps wird an dem Durchstich der Landenge gearbeitet und für kleinere
Schiffe ist der Kanal 1867 bereits fahrbar.)
Thiers machte schon am 29. Oktober 1840 dem Ministerium Guitzot
Platz, das mit der Türket und den vier Großmächten die Verträge vom
15. März und 13. Juli schloß, aber noch in demselben Jahre dem An-
sehen Louis Philipps eine fast ebenso schwere Wunde beibrachte als
Thiers durch sein unbesonnenes Vorgehen in der orientalischen Frage.
England nämlich war nicht damit zufrieden, daß alle christlichen Mächte
auf sein Drängen den Sklavenhandel verboten hatten (vogl. S. 415),
sondern bewog unter dem Vorwande, daß die Blockade der westafrika-
nischen Küste nicht zulänglich sei, die vler andern Großmächte am 20.
Dezember 1841 zu London einen Vertrag zu unterzeichnen, durch
welchen die Kriegsschiffe der kontrahterenden Theile das Recht erhielten,
in gewissen (fast allen) Theilen des atlantischen Oceans die unter einer
der fünf Flaggen segelnden Handelsschiffe zu durchsuchen, und im Falle