Maroklanischer Krieg. Abdelkaders Unterwerfung. 557
Algeriens, gelobte aufrichtigen Frieden und versprach Abdelkadern in
keiner Weise Vorschub zu leisten. Entschädigung bezahlte es aber keinen
Piaster, obwohl der Sultan einen reichgefüllten Schatz besaß, der aus
lauter spanischen Piastern bestehen sollte. Die Sultane von Marokko
gaben nämlich seit einigen Jahrhunderten nicht viel baar Geld aus, da die
Naturalabgaben und die wiewohl nicht bedentenden Abgaben in baarem
Gelde zureichten, um den ziemlich patriarchalischen Hof zu erhalten; die
in Tanger, Tetuan, Mogador 2c. erhobenen Zölle von der fremden
Einfuhr bezahlten die Leibwache, welche bei dem Sultan Mulei aus
etwa 4000 Negern bestand. Die Tribute der christlichen Handelsmächte
zweiten und dritten Rangs (1845 verzichtete Marokko durch einen be-
sondern Vertrag auf den dänischen und schwedischen Tribut) blieben jeden-
falls erübrigt, Erbschaften, Hinrichtungen vermöglicher Männer, Geld-
strafen 2c. trugen auch etwas ein und so mehrten die Sultane ihren
Schatz bis auf Mulei Abderrhaman herab. Dieser friedliebende Herr resi-
dierte in Mequinez und fand eine tägliche Unterhaltung darin, seine in
thönernen Gefäßen aufbewahrten „Duros"“ zu besichtigen und zu mustern.
Die Zahl derselben war nach einigen Angaben eine fabelhaft große, nach
der niedersten aber noch immerhin 6 Millionen (spanische Piaster), daher
hätten es die Franzosen nicht mehr als billig gefunden, wenn Mulei zur
Strafe des Angriffs auf Tlemsen einen guten Theil von seinen Erspar-
nissen hätte abgeben müssen. Der Minister Guizot nannte in der Kam-
mer diesen Frieden zwar einen glänzenden Beweis der französischen Groß-
muth und rief begeistert aus: „la France est assez riche pour payer
sa gloire“ (Frankreich ist reich genug seinen Ruhm zu bezahlen), allein
man fand das ministerielle Pathos lächerlich und meinte, Frankreich könne
jedenfalls nicht viel von einem derartigen Ruhme brauchen, und habe
das reiche England im Frieden von Nanking 21 Millionen Dollars
den Chinesen als Zugewicht zum Ruhme abnehmen dürfen, so würde
ein ähnliches Verfahren Frankreich auch nicht schlecht anstehen; aber frei-
lich dulde es die englische Eifersucht nicht, daß Frankreich seine Siege
gehörig benütze und das System „Frlieden um jeden Preis“ lasse sich
dies gefallen und mache dafür einen Paraderitt auf dem hohen Roß
von Jeoly, während es von ganz Europa verspottet werde.
Die Schlacht am Jely und der darauf folgende Friede beruhigte
jedoch Algerien keineswegs, selbst nicht einmal die marokkanischen Gränz-
stämme, die nach Muleis eigenem Geständnisse seinen Befehlen von jeher nur
nach Belieben gehorchten; deßwegen beachteten die französischen Generale
die marokkanische Gränze nicht sehr gewissenhaft, wenn Abdelkader sich
in der Nähe derselben herumtrieb. Derselbe hielt sich gewäöhnlich bei
den Kabylen auf, welche die Rhazzias der Franzosen mehr als einmal
blutig vergalten, worauf sich jedesmal auch die arabischen Stämme