Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

564 Die Zeit von 1815 bis 1847. 
gemeinen Volke, führte zu diesem Zwecke statt der Kopfsteuer eine Klassen- 
steuer ein und ordnete eine Viehtriebsentschädigung an, welche vorzüglich 
die großen Heerdebesitzer traf, stellte auch 1835 ein neues Staatsgrund- 
gesetz auf, gegen welches aber die von dem russischen Gesandten berathene 
Pforte ihr Veto einlegte. Ganz im Widerspruche mit seinem polltischen 
Systeme mußte er sich einen aus der Mitte des Adels gewählten Senat 
von 19 Mitgliedern gefallen lassen (1838), der die Gewalt mit ihm 
theilen und wie die 4 Minister unverletzlich sein sollte; er versuchte 1839 
die ihm gezogenen Schranken durch einen Volksaufstand umzuwerfen, aber 
die Aristokratie siegte und am 15. Juni mußte er Serbien verlassen. 
Sein kranker Sohn und Nachfolger Milan starb schon am 8. Jult, die 
Aristokratie konnte sich zu keiner Regentschaft einigen und war genöthigt, 
Michael, den zweiten Sohn des vertriebenen Milosch, zum Fürsten er- 
wählen zu lassen, den auch die Pforte bestätigte. Auch gegen diesen 
agitierte die Senatorenpartei, an deren Spitze Wuksitsch und Petro- 
niewitsch standen, geschworene Feinde des Hauses Obrenowitsch, gegen 
welches sie den Sohn des Czerny Georg benutzten, dessen Vater 1817 
heimlich nach Serbien zurückkehrte und den Tod fand, wie die Sage 
ging entweder von Milosch ermordet, oder an den Pascha von Belgrad 
verrathen. Diesmal erhob sich aber das Volk gegen die Feinde des Hau- 
ses Obrenowitsch und zwang sie zur Flucht auf türkischen Boden, von 
wo aus sie gegen das Geschehene protestierten (1840); bald erließ der 
Fürst auf Verlangen der Pforte eine Amnestie, in Folge deren fast alle 
Verbannten zurückkehren durften, Wuksitsch und Petroniewitsch aber sich 
in Belgrad einfanden und von dort aus die Unzufriedenheit in Serbien 
schürten. Diese entsprang aus der Zunahme der Steuern, welche durch 
die bessere Bezahlung der Offiziere und Beamten nothwendig war, den 
adeligen Familien hauptsächlich zu gute kam und deßwegen von den Se- 
natoren durchgesetzt wurde. Am meisten jedoch erbitterte das Volk die 
Aufhebung der freien Eichelmast; die Serben leben nämlich hauptsäch- 
lich von der Viehzucht und die Ausfuhr der Schweine ist wohl die wich- 
tigste; früher trieben die Bauern das Borstenvieh ungehindert zur Wald- 
mastung, jetzt wurde dieselbe von dem Staate versteigert und dem Meist- 
bietenden zugeschlagen. Dieses unpatriarchalische Verfahren stimmte mit 
der Haltung der Familie Obrenowitsch überein, die mehr nach abendlän- 
dischem Zuschnitte als nach serbischen nationalen Bräuchen Hof hielt, und 
wie es scheint, zu eifrig einen Schatz, sonst allerdings im Morgenlande 
die sicherste Grundlage der Herrschaft, sammeln wollte; gesteht ja deß- 
wegen ein englischer Agent, der sich in Serbien aufhielt, dem alten Mi- 
losch nur die Klugheit eines Katers zu, der gut zu springen und zu 
haschen versteht. Fürst Michael wurde schnell unpopulär und schon am 
1. September 1842 gelang der von Wuksitsch geleltete Aufstand, als
	        
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