Stürme im Nargan; Niedertretung der Rechte der Katholiken. 585
aufnahmen; endlich das allgemeine Veto. Außer diesen Forderungen in
demokratischer Richtung verlangte das Volk Sicherheit für das Eigen-
thum der geistlichen Korporationen, Beschränkung der Aufsicht des Staa-
tes über dieselben, die freie Verbindung mit den geistlichen Oberbehör=
den, den gebührenden Einfluß der Kirche auf die Schule. Diese Begeh-
ren waren für die herrschende Partei Gift und Galle und der Große
Rath schlug sie mit 84 gegen 6 Stimmen ab, ja die Regierung behielt
selbst die Wahl der Friedensrichter, der Gemeindeschulzen und Schul-
meister in der Hand, was nirgends in der Schweiz der Fall war. Die
so abgespeisten Bauern wollten für die auf den 10. Januar 1841 an-
beraumte Volksabstimmung ein Programm verabreden, aber sie hatten
nur wenige Führer und als diese einige vorbereitende Versammlungen
hielten, wurden sie durch die Regierung gefangen nach Solothurn abge-
führt, die Oppositionspresse versiegelt, der Reraktor der „Schildwache
am Jura“, Dr. Theodor v. Scherrer, verhaftet. Die Reglerung lei-
tete damals der gewandteste Radikale der ganzen Schweiz, Munzinger
(gestorben 1855 als Bundesrath), der nicht gleich den meisten seiner
Gesinnungsgenossen unnöthige Schwierigkeiten für sein Regiment schuf,
aber die sich erhebenden mit entschlossener Rücksichtslosigkeit bekämpfte.
Den Bauern gegenüber, die sich schon der geographischen Gestaltung des
Kantons wegen nicht leicht in einer allgemeinen Versammlung zusammen-
finden können, stützte er sich auf die beiden Städte Solothurn und Ol-
ten, sowie auf das protestantische Amt Bucheggberg, errichtete außer-
ordentliche Bürgerwachen und bot die Millzen auf, denen er sicher trauen
konnte. Gleichzeitig ließ Bern drei Bataillone an die Gränze marschie-
ren, Baselland that dasselbe, Aargau schob eine Abtheilung Scharsschützen
vor, und unter solchen Umständen stimmte das souveräne Solothurner
Volk, aus dessen Mitte 60 Staatsbürger als Unruhestifter in den Solo-
thurner Thürmen saßen, über die Verfassungsrevision ab. Die in obiger
Weise von dem Großen Rathe revidierte Verfassung wurde von 6289
Bürgern angenommen, von 4277 verworfen, 5134 stimmten gar nicht
ab, somit war die neue Verfassung angenommen! Als gegen Ende des
Monats auch der Große Rath in seiner Mehrheit im Sinne der herrschen-
den Partei neu gewählt war, wurden die Verhafteten entlassen, aber
durch einen angehängten Hochverrathsprozeß an weiterer Opposition ge-
hindert; Solothurn war auf diese Weise für den Radikallsmus gerettet.
Stürme im Aargau; iedertretung der Rechte der Ratholiken (1840).
Unheilvoller wurde die gleichfalls 1840 angebahnte Verfassungs-
revision für den Kanton Aargau. Derselbe hatte bereits durch die von
der Reglerung auf eine unverantwortliche Weise herbeigeführten Streitig=
keiten wegen Religionssachen schwer gelitten (s. S. 505), es sollte aber