Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Stürme im Aargau; Niebertretung der Rechte der Katholiken. 587 
zerstreuten bei Villmergen den Landsturm, der 7 Todte und 13 Ver- 
wundete verlor, und besetzten am 12. Murt. Zu diesen aargautschen 
Milizen stießen noch die Bataillone der Berner, Züricher und Baselländ- 
ler und das unglückliche Freienamt (Baden, Bremgarten, Mellingen 
und Muri) blieb bis zum 6. März okkupiert von eidgenössischen Trup- 
pen, welche sich in vielen Stücken die republikanischen Franzosen von 
1798 zum Muster genommen zu haben schienen. Mit dieser Niedertre- 
tung der katholischen Bevölkerung des Kantons war die verhängnißvolle 
Thätigkeit des Großen Raths nock nicht beendigt; am 13. trug Augu- 
stin Keller, der Direktor des aargauischen Schullehrerseminars, eben- 
falls Katholik, auf Aufhebung sämmtlicher Aargauer Klöster an, „deun 
diese seien die Ursache der unglücklichen Lage des Landes, sowie das 
Mönchthum überhaupt nur Steppen und Barbarei schaffe und der Mönch 
in der Regel ein schlechtes, verdorbenes Geschöpf sei, in dessen Schatten 
der Grashalm verdorre.“ Keller hatte die Zeit zu seiner Motion treff- 
lich gewählt, denn die in den Klöstern und deren Umgegend liegende 
Soldateska drohte mit Niederbrennung derselben, daher er sehr nach- 
drücklich sagen konnte, die Aufhebung der Klöster sei erklärter Volkswille, 
das Volksgericht sei schon über sie ergangen u. s. w. Der Große Rath 
beschloß auch die Aufhebung aller Klöster mit 115 gegen 19 Stimmen 
in Abwesenheit von ½⅜ der katholischen Repräsentanten, erklärte deren 
Vermögen als Staatsgut, von dem zuerst die Okkupatlons= und Unter- 
suchungskosten bestritten, der Rest zu Kirchen-, Schul= und Armenzwecken, 
sowie zur Pensionierung der Ordensleute verwendet werden sollte. Der 
Aargau hatte damals acht Klöster: die Benediktinerabtei Muri, die Bern- 
hardinerabtei Wettingen, die Frauenklöster Hermetschwyl, Gna- 
denthal, Fahr und Baden; zwei Kapuzinerkonvente zu Baden und 
Bremgarten; das Vermögen der sechs ersten betrug nach amtlicher An- 
gabe zu jener Zeit 6,546,969 alte Schweizer Franken (à 40 kr. rhein.), 
und dieses Vermögen war eigentlich das Verbrechen, das zu ihrer Auf- 
hebung Veranlassung gab. Der Große Rath schämte sich nicht in sei- 
nem Aushebungsdekrete die Klöster obendrein zu beschimpfen, indem er 
ihnen verderblichen Einfluß auf die wahre Religlosität und Sittlichkeit 
der Bürger, Verführung der Gemüther, staatsgefährliche Beunruhigung 
der Umgebungen, dem Kloster Muri namentlich die Hauptanstistung und 
Förderung des jüngsten verbrecherischen Attentats zur Last legte. Die 
Haltung der auf diese Weise betroffenen Aebte und Religiosen war würde- 
voll, vermochte aber bei solchen Gegnern nichts. Der Jubel der Radi- 
kalen in der übrigen Schweiz wurde nur etwas gedämpft durch die 
Betrachtungen der Folgen, welche der Klostersturm nothwendig herbei- 
führen mußte. Es war dennoch zu schreiend, die Ordensleute der 
schwersten Verbrechen gegen den Staat anzuklagen, sie aber nicht vor
	        
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