Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

48 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc. 
einbegriffen. Dieser Frieden ist deßhalb gemacht worden, um „der löb- 
lichen Nation endlichen bevorstehenden Untergang zu verhüten und damit 
man desto eher zu freundlicher christlicher Vergleichung der spaltigen Re- 
ligion gelangen möge; er soll aber auch dann fortdauern, wenn die ge- 
dachte Vergleichung durch die Wege des Generalkoncils, des National- 
koncils oder Kolloquiums nicht zu Stande käme.“ Beide Theile ver- 
binden sich auch für die Zukunft, keinem gegen diesen Frieden Handeln- 
den beizustehen, sondern vielmehr dem Angegriffenen zu Hilfe zu kommen. 
Ein Artikel des Friedens lautete, daß die Geistlichen, welche von der 
alten Religion abtreten, ihrer Aemter und Pfründen verlustig werden. 
Mit diesem Vorbehalte (reservatum ecclesiasticum) wollten die Katho- 
liken vorbeugen, daß es nicht irgend einem Prälaten beikomme, durch 
den Uebertritt zu den Protestanten das Stiftsland zu einem weltlichen 
und erblichen Fürstenthume zu machen; die andere Partei protestierte 
aber gegen diesen Artikel und sprach damit aus, daß sie ihn auch nicht 
zu halten gesonnen sei, womit der ewige Religionsfrieden zu einem zeit- 
weiligen Waffenstillstande heruntergesetzt war, um so mehr, da auch der 
Papst den Vertrag verwarf. Indessen war er doch eine Pause, und 
wir dürfen daher fragen, wer durch die Reformation und den Augs- 
burger Frieden gewonnen habe? Diejenigen, denen es mit dem Glauben 
an Luthers Lehre Ernst war, durften sich freuen, daß diese Lehre nun 
durch ein Reichsgesetz den früheren Gesetzen gegen die Härtiker entrückt 
war und ihre Bekenner die gleiche politische Berechtigung mit den Ka- 
tholiken errungen hatten; für sie war der Frieden ein Sieg. Doch nur 
ein halber; denn nun waren die Landesherren in ihren Gebieten auch 
Papst und Bischof. Die Hofprediger und die Professoren der Landesuniver- 
sitäten bestimmten die Glaubensnorm und den Kult, in letzter Instanz der 
Fürst selbst, und wer sich nun einem fürstlich-protestantischen Dogma oder 
sonstiger religiöser Anordnung nicht unterwerfen wollte, der war Ketzer 
und Rebell in einer Person; die Geschichte wird Belege hiezu liefern. 
Es heißt der Wahrheit in das Angesicht schlagen, wenn man be- 
hauptet, in dem ganzen großen Streite sei die Religion die einzige 
Triebfeder gewesen. Die Bauern griffen nach dem „Evangelium“, weil 
sie mit demselben frei werden wollten, es war in ihrer Hand eine Waffe 
gegen ihre Herren, und als Luther sein Evangelium thnen dazu nicht 
herleihen wollte, machten sie ihr eigenes. Sie fanden dabei den Unter- 
gang oder noch härteren Druck, im besten Falle änderte sich ihre Stel- 
lung nicht; unter katholischen Herren mußten sie katholisch bleiben, unter 
protestantischen protestantisch werden, denn die Auswanderung war trotz 
des Augsburger Artikels so viel als unmöglich. 
Die Städte waren der neuen Lehre am meisten angehangen; sie 
beseitigten durch sie die Klöster und nahmen deren Gut, sie besetzten nun
	        
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