Verfaffungsrevision in Luzern. Berufung der Jesuiten. Erster Freischaarenzug. 591
der Kopfzahl (Stadt Luzern hatte bisher verhältnißmäßig mehr gewählt
und der Große Rath sich zu einem Theile selbst ergänzt); kürzere Amts-
dauer, das Veto für das Volk (in Beziehung auf die Beschlüsse des
Großen Raths). Bald war die in diesem Sinne abgefaßte Petition mit
beinahe 12,000 Unterschriften bedeckt, der Große Rath jedoch ermahnte
das Volk sich bis zu dem gesetzlichen Revisionstermin zu gedulden, was
auch geschah. Der Abstimmungstag in der Frage der Revision war
der 3. Januar 1841; der Kanton zählte 23,453 stimmfähige Bürger;
19,230 fanden sich in den Kreisversammlungen ein und von diesen stimm-
ten 17,551 für die Revision. Die Wahlen für den Verfassungsrath fielen
entsprechend aus, indem nur 4 von 100 Mitgliedern der bisherigen Mehr-
heit des Großen Rathes angehörten. Leu hatte somit den vollständigsten
Sieg errungen. Am 18. März war die neue Verfassung vollendet; sie
gab der katholischen Kirche alle wünschbaren Garantieen, dem Kanton
überhaupt das Gepräge einer kathollschen demokratischen Republik, und
wurde am 1. Mai in den Kreisversammlungen mit 16,723 Stimmen
gegen 2124 angenommen. Luzern war jetzt wieder kathollscher Vorort,
vermehrte in der Tagsatzung die konservativen Stimmen um 1, gab
den kleinen katholischen Kantonen, denen alles an der Aufrechthaltung des
Bundes von 1815 liegen mußte, einen Rückhalt, es war demnach in
den Augen der Radikalen die eigentliche Stütze der Reaktion und deß-
wegen der Gegenstand ihres wüthendsten Hasses geworden.
Die Dinge entwickelten jedoch bald eine neue Phase. Leu hatte
schon 1840 eine Saite berührt, deren Klang hell durch das Parteige-
schrei tönte: die Berufung der Jesuiten an die theologische Lehranstalt
nach Luzer, und am 9. Dezember 1841 stellten neun Großräthe aus
dem Entlibuch den förmlichen Antrag, wodurch die Behörden genöthigt
wurden, diesen Gegenstand zur Hand zu nehmen. Dagegen waren zum
Theil die angesehensten Männer, welche in der Revisionsbewegung mit
Leu gearbeitet hatten, z. B. der Stadtschreiber Bernhard Maier, ein
ebenso gebildeter als entschlossener und rechtlicher Mann, Sigwart, der
aus dem radikalen Lager ausschied, als ihm klar geworden war, daß
der Radikalismus nur zerstören, aber nichts bauen könne, der Geschicht-
schreiber Professor Eutych Kopp, der Schultheiß Elmiger, Wendelin
Kost, Joseph Mohr u. s. w.; in dieser Richtung sprachen sich unter
den Geistlichen des neuen Erziehungsraths der Domherr Widmer und
der Propst Waldis aus, auch der Bischof begünstigte wenigstens die
Berufung nicht, weil alle erkannten, daß dadurch der Umsturzpartei eine
gefährliche Waffe in die Hand gegeben würde. Welckes Halloh dieselbe
in der Eidgenossenschaft hervorbringen mußte, ließ sich leicht voraussehen;
trug ja doch der Aarganer Augustin Keller in der nächsten Tagsatzung
darauf an, daß alle Jesutten von Bundes wegen aus der Schweiz zu