Der Augsburger Religionsfrieden. 49
die Predigerstellen und schufen dadurch für ihre Bürgerskinder, namentlich
die vornehmen, einige sichere Anstellungen, besonders wenn die Stadt ein
Gebiet hatte; denn wenn es auch den Söhnen der Bauern nicht verwehrt
war, geistliche Studien zu machen, so kamen doch nur sehr wenige durch
-ganze Jahrhunderte auf die Kanzel. Was ihnen aber nicht gelang, war
die Beseitigung der weltlichen Macht der Bischöfe; denn die Fürsten schütz-
ten die Fürstbischöfe bei derselben, oder wo das Bisthum verschwand,
setzten sie sich selbst an deren Stelle, sogar im trotzigen Magdeburg.
Der Adel gewann nichts, obwohl sich Luther zuerst an ihn gewandt
hatte; der reichsunmittelbare durfte sich seine Religion wählen, der mittel-
bare nicht; keine Rede davon, daß die Stifte, welche durch die Schen-
kungen seiner Vorfahren entstanden oder reich geworden waren, nun ihm
anheimfielen; diese zogen die Landesherren ein und bestimmten höchstens
einen kleinen Abfall für arme Fräulein und Junker, um sie in etwas für
die ehemaligen klösterlichen Versorgungsanstalten zu entschädigen. Da-
gegen suchte in mehr als einem Lande der Adel den Protestantismus
als Waffe gegen den katholischen Landesherrn in Händen zu behalten.
Die Fürsten zogen aus der Reformation den größten Nutzen; die
Stiftsgüter wurdeu Kammergüter, die Stiftslande fürstliche Erblande,
Macht und Einkommen wuchsen dadurch außerordentlich, und zudem
wurde der Landesherr auch Religionsherr, band so die Unterthanen
durch ein doppeltes Band und hatte einen doppelten Zügel, um die-
selben zu leiten. Eine Landesuniversität sorgte für die passende Wis-
senschaft, für fügsame Geistliche und Juristen, und die Söhne der Geist-
lichen und Juristen folgten dem Stande der Väter, wenn es immer
mäglich war, wodurch sich ein beinahe erblicher Stand ergebener Geist-
licher und Beamten bildete. Die Landeshoheit war seitdem vollendet, und
da der Kaiser katholisch war und dem protestantischen Volke nicht anders
denn als der erste Lieutenant des Antichrists dargestellt wurde, wenn
man aus irgend einem Grunde mit ihm unzufrieden war, so mußte er dem
Volke allmählig entfremdet werden, so sehr es sich auch instinktartig an
den Gedanken des Kaiserthums klammerte. Ging es gegen den Kaiser, so
hatten die protestantischen Fürsten leichtes Spiel, sie erklärten nur die
prokestantische Religion in Gefahr, und damit war das Volk für sie
gewonnen. So viel erreichten die katholischen Fürsten nicht; sie konnten
die Stifte und Kirchengüter nicht einziehen, jedoch mußte ihnen der Papst
zugestehen, daß sie einen beträchtlichen Theil des kirchlichen Einkommens
erheben durften, zuerst behufs der Vertheidigung der katholischen Religion,
und wo daraus ein Recht wurde, befand sich der katholische Fürst und
sein Land besser, weil der Baum stehen blieb, der silberne Früchte trug,
während in protestantischen Ländern vlelmal mit dem Sitifte auch der
größte Theil seines Vermögens verschwand. Das Beispiel der prote-
nZumuller, Neue Zeit. 6. Aufl. 4