Der 22. bis 26. Februar. 611
entschlossen, ihr Vorhaben durchzuführen und wenn es alle Köpfe der
Besitzenden kosten würde. Denn nur für die sich ihrem Systeme Fügen-
den war Gnade und Aufnahme in die neue Gesellschaft versprochen,
denen, welche die Predigt des neuen Evangeliums verspotteten, wurde
offen gedroht: „Lacht nur noch die kurze Zeit, die noch euch gehört,
bald aber werden wir mit rother Dinte schreiben“"; so schrieb ein deutscher
socialistischer Apostel (Püttmann) 1847, und sein Buch, das über zwan-
zig Bogen stark war, wurde unseres Wissens nicht verboten, während in
Frankreich Proudhon demonstrierte, das Eigenthum sei Diebstahl. Man
lachte über derartige Lehren, deren Jubegriff zuerst Kommunismus,
später mit einem gemilderten Namen Socialismus genannt wurde;
daß sich aber die Arbeit organisieren, „eine Ausgleichung des Mißver-
hältnisses zwischen Kapital und Arbeit“ herstellen lasse, glaubten Leute
genug, namentlich Advokaten und Gelehrte, wie die Offenburger Ver-
sammlung vom 12. März 1847 beweist, wo Hecker, Struve, Kapp rc.
dies als eine Forderung der neuen Zeit erklärten. Solche Leute hetzten
die Arbeiter und zwar nicht immer in eigener Bethörung und Phanta-
sterei, sondern oft aus Neid gegen die großen Fabrikanten und Geschäfts-
leute, welche über die studierten Herren hinwegsahen. Die deutschen
Arbelter warteten nur auf das Gelingen der in Aussicht gestellten fran-
zösischen Revolution, um mit derselben Taktik wie ihre französischen
Kameraden den Kampf zu beginnen. Diese Taktik bestand darin: man
läßt die liberale Opposition (die Bourgeoisie) in ihrer halbgesetzlichen, halb-
gewaltthätigen Weise vorangehen und unterstützt dieselbe durch den massen-
haften Nachdruck; ist dann die Gewalt der Regierung gelähmt, so wird
dieselbe durch die Organisierung von Klubs und bewaffneten Vereinen
vollends paralysiert, dem Liberalismus, der in der Siegesfreude sobald nicht
zur Besinnung kommen wird, das Ruder aus der Hand gewunden und
die wahre Demokratte eingeführt. Dieser Plan glückte zu Paris, obgleich
Louis Blank denselben in seiner (verleumderischen) Geschichte der zehn
Jahre von 1830 — 40 deutlich genug gezeichnet hatte.
Der 22.—25. Tebruar.
Das vertragsmäßige Arrangement für das Pariser Reformbanket
auf den 21. Februar wurde von dessen Urhebern und der Polizei beobachtet,
aber es stellten sich auch viele Leute ein, die von der getroffenen Verabredung
nichts wußten und nichts wissen wollten, daher kam es zu Reibungen
mit der Polizei, die sich als Krawalle weiter verpflanzten und eine Masse
Neugieriger auf die Straße riefen, so daß den 23. ganz Paris in Be-
wegung war. Das Linienmilitär hielt sich bereit und rückte theilweise
aus, ebenso die Nationalgarde, aber ein Bataillon derselben begrüßte
den König vor den Tuilerien mit einem Lebehoch auf die Reform. Die-
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