Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

620 Die neue Revolutionsperiode. 
soviel geschont, als nur immer möglich war; hätte er als Feldherr Na- 
poleons so gehandelt, so wäre ihm der bitterste Tadel, wenn nicht Ent- 
lassung von seinem Herrn zu Theil geworden; statt aber sich mit ihren 
Siegesberichten und dem Preise ihrer von der ganzen Welt nicht enwar- 
teten Tapferkeit zu begnügen, streuten die lombardischen Revolutionäre 
die niederträchtigsten Lügen über Barbareien aus, die Radetzky befohlen 
oder geduldet haben sollte. Er zog langsam über Lodi, Krema, Maner- 
bio und Montechtari an den Mincio, fand zu seiner Freude Mantua von 
dem wackern Kommandanten Gorczkowski gegen das Gelüsten der 
Revolution gehalten, sicherte dasselbe und nahm darauf sein Hauptquar= 
tier in Verona. Bereits hatte er erfahren, daß Venedig mit seinen 
unermeßlichen Vorräthen durch Schwäche und Verrath eine leichte Beute 
der Revolution geworden und daß dort die Republik ausgerufen sei; 
ebenso wußte er, daß die Festungen Palmanova, Osoppo und Rokka 
d'Anfo in den Händen der Aufrührer seien, daß Udine, Treviso, Bel- 
luno, Bassano, Padua, Vicenza und Brescia die Fahne der Revolution 
aufgesteckt hätten, daß römische und neapolitanische Truppen zur Ver- 
stärkung der Freischaaren heranzögen. Mit etwa 40,000 Mann stand er 
zwischen Po, Mincio und Etsch auf die Festungen Peschiera, Mantua, 
Legnago und Verona gestützt, mit dem Kaiserstaate nur noch durch das 
südliche Tyrol eine Verbindung unterhaltend. Gegen ihn führte Karl Albert 
mehr als 60,000 Mann; 6000 Toskaner, 4000 Parmesaner und Mode- 
nesen nebst einigen tausend Lombarden verstärkten ihn; in den Rücken des 
Marschalls zogen 17,000 Mann aus dem Kirchenstaate, darunter 4500 
Schweizer, ferner 15,000 Neapolitaner, die jedoch bis auf 2000 Mann 
auf den Ruf ihres Königs zurückkehrten, und zu alledem mußte Radetzky 
Verrätherei und bei günstiger Gelegenheit einen Aufstand in Mantua 
und Verona besorgen. Der eine oder andere Feldherr hätte in einer 
solchen Lage an eine ehrenvolle Kapitulation gedacht, wie Melas nach 
der Schlacht bei Marengo, mancher hätte die Entscheidung der peinlichen, 
ja trostlosen Lage auf die Würfel einer Hauptschlacht gestellt, der alte 
Feldherr aber (Graf Josef Radetzky, geboren den 2. Nov. 1766 zu Trzebnitz 
in Böhmen, Soldat seit 1784, 1813 Generalquartiermeister der verbün- 
deten Heere, 1832 Kommandant in der Lombardei, 1836 Felrmarschall) 
hielt in seiner starken Stellung Karl Albert zwischen der Etsch und dem 
Mincio fest, so daß dieser nicht vorwärts und nicht rückwärts konnte 
und erwartete das Reservekorps, das der Kriegsminister Latour mit 
unsäglicher Anstrengung unter dem alten General Nugent hinter dem 
Isonzo bildete. Es störte ihn wenig, daß die Städte des lombardisch= 
venetianischen Königreichs, Venedig ungerne und zögernd, Karl Albert 
als ihren König anerkannten und die Pofürstenthümer nach neuen Revo- 
lutionen diesem Beispiele folgten; dagegen ertheilte er den Freischaaren,
	        
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