628 Die neue Revolutionsperiode.
war der badische Advokat und Kammerdeputierte Hecker und es wurde
ihm meistens nicht einfach entgegnet: „Wir dürfen hier nicht für die
Republik arbeiten, wenn wir nicht unsern geschwornen Eiden untreu sein
wollen“, sondern man sagte meistens wie entschuldigend, das Volk sei
noch nicht reif für eine Republik, diese Staatsform passe einstweilen noch
nicht für Deutschland u. dgl. m., worauf Hecker Frankfurt verließ und
in Baden einen republikanischen Aufstand versuchte. Die Erfolge der
Revolution zu Wien, Berlin, Mailand, Pesih u. s. w. berauschten damals
die Mehrheit des Vorparlaments, so hieß dlese Frankfurter Versamm-
lung später, kaum weniger als die Republikaner, denn dasselbe sprach in
einer feierlichen Erklärung die Volkssouveränität aus, ein Wort, das ent-
weder keinen Sinn hat, oder geradezu die Willkürherrschaft der Mehrzahl,
das Revolutionsrecht bedeutet (wie dies Börne in seiner Weise demon-
strierte), somit nicht nur die Monarchie, sondern auch alle Staatenord=
nung überhaupt aufhebt. Hecker war deßwegen, indem er geradezu
das Volk aufforderte, von selner Souveränität Gebrauch zu machen
und seine bisherigen Souveräne fortzujagen, ehrlicher als die anderen,
welche durch die Erklärung der Volkssouveränität vorläufig eine Brücke
zur Republik hinüberbauen wollten; sie brachen durch diese Erklärung
mit den Kronen und nöthigten sie eine Stellung einzunehmen, von der
aus sie den Republikanern der Zukunft den Weg versperren konnten.
Das Vorparlament löste sich nach vier Tagen auf und ließ einen Aus-
schuß von 50 Mitgliedern zurück (Fünfzigerausschuß), der mit dem Bundes-
tage und den 17 demselben beigegebenen Vertrauensmännern die Anord=
nungen zur Wahl und Einberufung eines Nationalparlaments traf.
Nicht nur Holstein, sondern auch Schleswig, die sich gegen Dänemark er-
hoben hatten und am 3. April von dem Bundestage dem Schutze des Königs
von Preußen übergeben waren, auch Ost= und Westpreußen wurden in
den deutschen Bund gezogen und zur Wahl von Abgeordneten nach
Frankfurt berechtigt, und am 18. Mai traten ungefähr 550 Abgeordnete
(nach den Wahlkreisen hätten es deren 600 sein sollen) zu einer ver-
fassunggebenden deutschen Nationalversammlung zusammen (Parlament).
Man erwartete Großes von ihr, sie schuf aber nichts, sondern diente
vielmehr hauptsächlich als Blitzableiter für die revolutionäre Elektricität,
die in der Volksatmosphäre angehäuft lag, und verschaffte den Mittel-
staaten Zeit, um sich allmählig wieder eine festere Haltung zu erringen.
Sie konnte auch nichts schaffen, einmal weil sie den Revolutionen in
Preußen und Oesterreich nicht entschieden entgegentrat, sich nicht auf die
Seite der gefährdeten Monarchie stellte (sie hätte übrigens die Revolu-
tionäre nicht zur Ruhe, sondern nur dahin gebracht, daß sie der National-
versammlung selbst den Handschuh ins Gesicht geworfen hätten); sedann
hatte sie durch ihre Schritte in der Sache Schleswig-Holsteins eine Frage