630 Die neue Revolutionsperiode.
seine bisherige an der Ostsee gewonnen. Jusofern ist das Vorgehen
der preußisch-deutschen Partei erklärlich. Unbegreiflich aber bleibt es
immer, wie sie je glauben konnte, die andern europäischen Großmächte
würden in die Zertrümmerung des dänischen Staates zu Gunsten Preu-
ßens einwilligen; wie sie je daran denken konnte, der österreichische Kaiser
werde auf seinen Rang als erster deutscher Monarch Verzicht leisten und
denselben gutwillig dem König von Preußen überlassen; daß sie ganz
vergaß, daß Preußen sich wenige Sympathieen an der obern Donau und
dem obern Rheine, am Main und Neckar erworben hatte. Welch stüm-
perhaftes Reich wäre das deutsche Reich dieser Partei geworden, wie
schwach wäre es zwischen Frankreich, Rußland und Oesterreich dagestanden!
Die dritte Partei endlich (die später sog. großdeutsche) stand ebenso
gegen die Republikaner als gegen die preußisch-deutsche und kam bald
zu dem Bewußtsein, daß es ihre eigentliche Aufgabe sei, Deutschland
weder durch neue Revolutionen, noch durch Kaiserkreierungen auseinander-
treiben zu lassen, und sie hatte eine Stütze in dem Reichsverweser, dem
Erzherzog Johann. Derselbe war auf den Vorschlag des Präsidenten
der Nationalversammlung, Heinrich von Gagern, am 29. Juni gewählt
worden und trat am 12. Juli sein Amt an. Diese Wahl war ein Eingriff
in die Rechte der deutschen Fürsten, aber sie ließen sich denselben gefallen,
weil sie in dem Reichsverweser eine Bürgschaft weiter erblickten, daß die
moralische Macht, welche damals das Parlament noch besaß, weniger Ge-
fahr lief, zu weiteren Umwälzungen, denen der Erzherzog enschieden abge-
neigt sein mußte, mißbraucht zu werden. Mit dem Amtsantritte des Reichs-
verwesers hörte die frühere Bundesregierung auf; der Reichsverweser um-
gab sich mit einem Ministerium, man hatte nun zu der Nationalversammlung
eine Reichsregierung, die indessen in die Verhältnisse der deutschen Staaten
nicht eingriff, mit Ausnahme der schwachen Intervention in Baden, von den
Großmächten nicht förmlich anerkannt wurde, und nur gegen Dänemark,
wiewohl vergebens, sobald Preußen nicht mehr wollte, eine größere Unter-
nehmung einleitete, und bei diesem Anlasse die Anfänge einer deutschen
Flotte, die so traurlg verschwinden sollten, in das Leben ref.
Die Nationalversammlung selbst beschäftigte sich, wenn sie nicht
durch den dänischen Krieg, durch Aufstände u. dgl. auf ein anderes Thema
gebracht wurde, mit der Abfassung der Grundrechte des deutschen
Volkes, mit der sie erst am 21. Dezember fertig wurde, worauf die
deutschen Regierungen dieselben verkünden und in Gesetzeskraft erhalten
sollten. Was diese Akte enthielt, läßt sich leicht schließen; sie ebnete den
Boden, indem sie alle Vorrechte aufhob, alle Einrichtungen, von denen
die Exristenz des Adels abhängig ist (jede Art von Lehen, Majoraten 2c.),
beseitigte, unbedingte Preßfreiheit und Religionsfreiheit einräumte, jedem
das Recht Waffen zu tragen gab, kurz das Parlament ahmte, so weit