Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Die Märzrevolutlon in Berlin 2c. 639 
Die Gefahren waren schon da; eine unruhige Bewegung gab sich 
in allen größeren Städten kund, zuerst in den rheinischen, bald auch in 
Magdeburg, Breslau, Danzig, Königsberg, am stärksten zuletzt in Ber- 
lin selbst. Vom 13. bis 16. März gab es Reibungen von Volkshaufen 
mit Polizei und Militär; es ließ sich nicht mehr verkennen, daß die 
Agitation planmäßig geleitet werde. Der König versprach die Einbe- 
rufung des Landtags auf den 27. Aprll, als die Nachricht von der Re- 
volution zu Wien einlief. Nun dankte das Ministerium ab, der König 
gewährte am 17. Preßfreiheit, Bürgerbewaffnung 2c., am 18. drängten 
sich Volksmassen gegen das Schloß, um ihre Freude vor dem Könige 
kund zu geben, verlangten aber zugleich die Entfernung des zahlreich 
um das Schloß aufgestellten Militärs. Der König verweigerte dies, 
die von Wühlern aufgeregte Masse drängte näher, wich vor der Reliterei, 
die sich langsam in Bewegung setzte, etwas zurück, Infanterie trat aus 
den Portalen und in diesem Augenblicke fielen einige Schüsse (ob durch 
einen unglücklichen Zufall oder aus Absicht, ist nicht bekannt) gegen die 
Volksmasse, die unter dem Geschrei: Mord! Verrath! Zu den Waffen! 
in die Straßen der Stadt zurückstürzte, Waffenläden erbrach und Bar- 
rikaden baute. Vergebens wurde bekannt gemacht, daß ein Mißverständ- 
niß, kein Befehl jene Schüsse verursacht habe, der Aufruhr war im 
Gange, der Kampf dauerte auch die ganze Nacht fort; die Truppen 
fochten mit Ausdauer, nahmen eine Barrikade nach der andern weg 
und wären jedenfalls am Morgen der noch nicht eroberten Straßen 
Meister geworden, wenn nicht der König selbst am 19. früh die Ein- 
stellung des Kampfes geboten hätte. Deputationen hatten ihn darum 
beschworen, ihn der augenblicklichen Wiederkehr der Ruhe versichert, 
wenn das Militär entfernt würde, und die Soldaten, die eine schwere 
Pflicht mit Hingebung erfüllt hatten, mußten wie Besiegte und Schul- 
dige abziehen. Darauf brachte das Volk die im Aufstande Gefallenen 
(81) auf den Schloßplatz vor das Angesicht des Königs, der Prinz 
von Preußen (des Königs jüngerer Bruder und Thronfolger), der 
als Hauptgegner der liberalen Institutionen galt, mußte sich nach Eng- 
land entfernen; auch in Berlin wurde alles zugestanden, was man Volks- 
wünsche zu nennen sich gewöhnt hatte. Ebenso wurden alle poll#ischen 
Verbrecher amnestiert, unter ihnen 250 Polen, die theils nach Hause 
eilten, um den Aufstand zu organisieren, theils in Berlin blieben, um 
den Berlinern bei künstigen Krawallen und Stänkereien an die Hand zu 
gehen. Am 21. sprach sich der König für die deutsche nationale Sache 
aus, erklärte in den Tagen der Gefahr die Leitung derselben über- 
nehmen zu wollen und durchzog zu Pferde, mit den drei Farben ge- 
schmückt, von einer jubelnden Schaar Studenten und einer großen Volks- 
masse begleitet, die Straßen der Hauptstadrt. Am Abend erschien ein
	        
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