Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

676 Die neue Revolutionsperiode. 
schen an Zahl weit überlegen ist, im Aufstande, der von Griechenland 
unterstützt wurde. So entzog Oesterreich dem russischen Kaiser den mäch- 
tigsten Bundesgenossen, indem es den Ausbruch einer allgemeinen In- 
surrektion der Christen in der Türkei verhinderte, auf der andern Seite 
aber kam ein Bündniß zwischen Frankreich und England zu Stande, 
was man in Petersburg als eine pure Unmöglichkeit betrachtet hatte. 
Napoleon III. hatte nicht die geringste Neigung sich in der orientalischen 
Frage ähnlich demüthigen zu lassen, wie es 1840 dem König Louis 
Philipp widerfahren war, welcher dadurch seiner Reglerung den Spott- 
namen „der Friede um jeden Preis“ zuzog; Kaiser Napoleon III. durfte 
und wollte um so weniger vor Kaiser Nikolaus zurückweichen, als er 
selbst zu der Krisis die Veranlassung gegeben hatte, indem er die alten 
Rechte Frankreichs an den heiligen Orten wieder geltend zu machen 
versuchte. Sobald er darum Rußland isoliert wußte und von der Kriegs- 
bereitschaft Englands überzeugt war, trat er seinem gewaltigen Oheim 
nachahmend rasch als Hauptperson in den Vordergrund und bemächtigte 
sich der Leltung. Er schrieb nämlich am 29. Januar dem Zar einen 
alsbald veröffentlichten Brief, in welchem er denselben zur friedlichen 
Beilegung der obschwebenden Streitfragen einlud, dabei aber in einem 
solchen Tone der Ueberlegenheit sprach, daß auch ein weniger stolzer und 
entschlossener Selbstherrscher aller Reußen, als Kaiser Nikolaus war, 
sich genöthigt gesehen hätte, mit einem Kriegsmamifeste zu antworten. 
Am 22. Febr. machte Nikolaus selnem Volke bekannt, daß ein Krieg 
mit England und Frankreich bevorstehe, weil beide Mächte sich gerüstet 
hätten, um Rußland zu hindern, sein gutes Recht gegen die Türkei 
geltend zu machen, und wie es bisher gethan, die Christen im türkischen 
Relche, die Glaubensbrüder des russischen Volkes, vor Unterdrückung zu 
schützen; Rußland führe also einen gerechten und heiligen Krieg und 
hoffe deßwegen auf den göttlichen Beistand u. s. w. Damit kontra- 
stierten frellich die Unterredungen, welche Kaiser Nikolaus mit dem eng- 
lischen Gesandten Seymour im vorhergehenden Jahre gepflogen hatte 
und welche gerade jetzt von der englischen Reglerung veröffentlicht wur- 
den, nicht wenig; denn der Kaiser setzte in denselben als bestimmt vor- 
aus, daß die Türkei („der kranke Mann“,) bald zusammenbrechen werde 
und bot England eine Allianz zur Theilung des türkischen Reiches an; 
Rußland und England im Bunde, erklärte er, brauchen Frankreich nicht 
zu fürchten; der Passivität Oesterreichs glaubte er sich unbedingt sicher 
und Preußens erwähnte er nicht einmal. 
Englands und Frankreichs Krieg gegen Rußland. 
Diese Unterredungen machten namentlich in Frankreich einen großen 
Eindruck; Napoleon III. handelte darum im Sinne der gekränkten Franzosen,
	        
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