Die Unternehmung gegen Sebastopol. 681
naufürstenthümern von den Russen angegriffen würden, und dasselbe
Versprechen gab am 9. Dezember auch der deutsche Bund; von jetzt au
aber- begann eine Differenz zwischen den zwei deutschen Großmächten,
welche sehr gefährlich zu werden drohte. Oesterreich schloß nämlich
am 2. Dezember einen Bund mit Frankreich und England, verpflich-
tete sich die Donaufürstenthümer gegen einen neuen Angriff der Russen
zu vertheidigen, den englisch-französisch-türkischen Truppen aber freien
Marsch durch die Fürstenthümer zu gestatten; es erhielt die Zusage ge-
meinschaftlicher Kriegsführung, wenn es mit Rußland in Krieg käme,
jedenfalls gemeinschaftlicher Unterhandlungen, wenn solche über einen
Friedensschluß gepflogen würden; auch behielten sich die Mächte vor, je nach
Umständen noch andere Bedingungen zu stellen, welche ihnen im Interesse
Europas als nothwendig erscheinen würden. Preußen wurde zum Beli-
tritte eingeladen, verweigerte denselben aber (17. Dez.), well es nicht
Theilnehmer eines Vertrags sein könne, der in seiner Fassung höchst un-
bestimmt sei, und über dessen eigentliche Bedeutung die Kontrahenten selbst
nicht den nöthigen Aufschluß geben könnten; denn die Gesandten der kon-
trahlerenden Mächte hatten sich wirklich auf die Anfrage des Freiherrn
von Manteuffel, des preußischen Ministerpräsidenten, nicht so weit instruiert
erklärt, um der preußischen Reglerung mittheilen zu können, welche genaue
Auslegung des Dezembervertrags die einzelnen Regierungen mit demselben
verknüpften. Die Bemühungen Preußens durch außerordentliche Gesandte
die Westmächte friedlicher und nachgibiger zu stimmen, mißlangen, die
Sprache gegen dasselbe wurde bitterer, und als am 28. Dezember neue
Ministerkonferenzen in Wien begannen, verlangte Preußen vergeblich, daß
es zur Theilnahme an denselben berufen werde. Als daher Preußen und
die deutschen Bundesstaaten im Februar ihre Streitkräfte zur Kriegs-
bereitschaft rüsteten, war es zweifelhaft, nach welcher Richtung sie Front
machen würden, zumal es schien, die englisch-französische Erperition werde
vor Sebastopol dem gleichen Schicksale nicht entgehen, welches in alter
Zeit die athenische vor Syrakus getroffen hatte.
Westmächtliche Intervention in Griechenland.
Frankreich und England, die sogenannten Westmächte, schickten seit dem
März ihrem bedrohten Bundesgenossen Abdul Medschid Schiffe und Mann-
schaft zu Hilse, zwangen auch die russische Flotte sich im Hafen von
Sebastopol zu bergen, vermochten jedoch vor September nichts gegen die
russische Landmacht zu unternehmen. Einen großen Dienst leisteten sie
aber der Pforte, indem sie zur schnellen Unterdrückung der griechischen
Erhebung kräftig mitwirkten. Griechenland war durch die brutale
Mißhandlung, welche es 1850 durch England erlitten hatte, stärker als je
an seine fatale Schwäche erinnert worden und mußte deßwegen fieberhaft