Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

690 Die neue Revolationsperiode. 
gewachsen war. Pelissier befolgte ein anderes Angriffssystem als sein 
Vorgänger; er beabsichtigte die vorgeschobenen feindlichen Werke nach 
einander zuerst mit aller Macht zu beschießen und dann zu erstürmen 
so bis an den letzten Wall vorzudringen, alles Geschütz gegen diesen, 
arbeiten zu lassen, hierauf ihn und damit die Festung durch einen 
letzten Sturm zu nehmen. Schon in der Nacht vom 21. zum 22. Mai 
warf er die Russen nach einem mörderischen Gefechte auf der Südseite 
der Stadt aus ihren Gräben in das Quarantänefort, erstürmte am 
7. Junt (mit einem Verluste von mehr als 4000 Mann) drei vorge- 
schobene Redouten auf der Ostseite (Mamelon vert) und wagte am 
18. einen Hauptsturm, um dem Wunsche des Kaisers entsprechend aus 
dem Jahrestag von Waterloo einen Siegestag der französisch-englischen 
Armee zu machen. Lord Raglan fand zwar den Sturm nicht gehörig 
vorbereitet, mußte aber nachgeben; 14,000 Engländer und 30,000 
Franzosen stürzten am 18. morgens 3 Uhr auf die Werke der Russen 
(die Engländer auf den Redan, ein sogenanntes Sägewerk, die Fran- 
zosen auf den Malachow), wurden aber trotz übermenschlicher Anstren- 
gung in ihre Laufgräben zurückgeworfen; dieser Tag kostete die Fran- 
zosen 5000, die Engländer 1500 (der alte Lord Raglan unterlag der 
Cholera und dem Kummer am 28. Junt), die Russen 5600 Mann. 
Neue Verstärkungen, die aus Frankreich anlangten, ersetzten diesen Ver- 
lust und den fortwährend von der Cholera und dem feindlichen Feuer 
verursachten; die Belagerung schritt wieder regelmäßig voran, es wur- 
den noch mehr Feuerschlünde als früher in Thätigkeit gesetzt, so daß 
die Russen am 16. August einen neuen Versuch gegen die Belagerungs- 
armee unternahmen (Schlacht an der Tschernaja), aber mit noch weni- 
ger Glück als bei Inkerman; denn sie mußten in ihre Stellungen zu- 
rückkehren und verloren bei 8000 Mann, während die Verbündeten, 
welche die massenhaften Bajonetangriffe durch ein gutgezieltes und wohl- 
unterhaltenes Feuer abwiesen, nur 1800 Todte und Verwundete zähl- 
ten. Durch diese Schlacht war das Schicksal Sebastopols entschieden; 
die Russen waren nicht im Stande es zu entsetzen, und ebenso wenig 
konnten sie in Sebastopol in die Länge dem immer furchtbarer werden- 
den feindlichen Feuer widerstehen; über 700 der schwersten Geschütze 
überschütteten die Werke mit ihrem zerstörenden Hagel, durch welchen 
die Russen täglich 500—1000 Mann verloren; sie harrten aber ihrer- 
seits so standhaft in ihren Batterieen aus, daß die Franzosen ihren 
täglichen Verlust auf 200—300, die Engländer den ihrigen auf 50 
Mann angaben. Am 8. September mittags 12 Uhr wurde endlich der 
letzte Sturm unternommen, den 70,000 Verbündete auf drei Punkten 
ausführten, 85,000 Russen abzuwehren bestimmt waren. Der Angriff 
der Franzosen auf der Südselte mißlang; ebenso wenig Glück hatten die
	        
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