Friede zu Paris. Der Hat Humayum. 695
Nikolaus I. hinterließ. Aber Oesterreich wählte furchtbar gerüstet seine
Stellung selbst; die Hälfte der franzöfischen Landmacht blieb an die Krim
gefesselt, wo sie von dem Feinde und der Cholera gelichtet wurde und
durch beständigen Nachschub ergänzt werden mußte, wenn sie dem Feinde
nicht endlich unterliegen sollte; überdies konnte die französische Land= und
Seemacht auch nicht zu einem kleinen Theile auf Feindeskosten leben, so
daß ein einziger Mann nach einer nicht hochgegriffenen Berechnung jähr-
lich 5000 Franken kostete. Es ist deßwegen sehr begreiflich, wenn Na-
poleon III. das Friedenswerk Oesterreichs unterstützte und den englischen
Kriegseifer dämpfte: aber unmittelbar nach dem Friedensschlusse gab sich
seine Mißstimmung über die Vereitelung seines großen Planes, nämlich
Oesterreich und Deutschland gegen Rußland zu gebrauchen, mehrfach
kund. Er konnte sich jedoch mit dem Gedanken trösten, Oesterreich
und Rußland gründlich gegen einander verfeindet, die eifer-
süchtige Empfindlichkeit Preußens gegen Oesterreich neu auf-
gestachelt und dadurch das Einverständniß der drei soge-
nannten nordischen Mächte, welche französischen und engli-
schen Uebergriffen so viele Jahre hindurch Schranken gesetzt
hatten, gebrochen zu haben. Er hatte damit seinen Hauptzweck
erreicht, nämlich die Sprengung der nordischen Allianz, die Kaiser Niko-
laus 1849 wiederhergestellt hatte.
Oesterreich entschied den Krieg; der Verlust Sebastopols hätte Ruß-
land so wenig gebeugt, als 1793 die Uebergabe Toulons an die Engländer
die französische Republik zum Frieden nöthigte; als aber Oesterreich, das
jeden Augenblick 300,000 Mann operieren lassen konnte, Rußland kategorisch
zum Frieden aufforderte und Preußen es dringend zur Nachgibigkeit ermahnte,
mußte sich das isolierte Rußland zum Frieden bequemen. Alle Punkte
des Pariser Friedens sind in den wichtigsten Interessen Oesterreichs
begründet; es wurde daher auch der nächste Wächter dieses Friedens und
der natürliche Gegner Rußlands, sofern dieses erobernd vorschreiten will.
Englands Ansehen litt durch den orientalischen Krieg sehr; „die
hölzernen Mauern“, die gewaltigen Linienschiffe, durften sich den steiner-
nen von Kronstadt und Sebastopol nicht nahen; das stolze England
vermochte es nicht ein Heer von 60,000 Mann aus seiner eigenen Be-
völkerung auf die Beine zu bringen und mußte im Ausland werben;
das Landheer bewies zwar eine heroische Tapferkeit, war aber weder
so gut geschult noch so gut geleitet als das französische, und die Unord-
nung sowie die Ungeschicklichkeit in der englischen Verpflegung hätte nie-
mand auf dem Kontinente auch nur für möglich gehalten. Da indessen
überhaupt England durch die Ausdehnung der russischen Macht sowohl
in Asien als Europa ernsthaft bedroht ist, so hatte es durch das Zurück-
drängen der russischen Entwürfe dennoch etwas gewonnen.