Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Britischindien. 705 
der südlichen Halbinsel und in den sumpfigen Wildnissen vielnamige 
Stämme erhalten (Bhils, Santals, Ghonds, Khonds, Khattis, Birdars, 
Pulindas rc.), die zum Theil noch als Halbwilde leben; mit den mo- 
hammedanischen Eroberern sind Araber, Perser, Afghanen und Mongo- 
len eingezogen, seit Vasko de Gama auch Europäer, deren Anzahl aber 
lange noch keine halbe Million erreicht. Die meisten Hindu, weit über 
100 Millionen, gehören der braminischen Religion an, die Sikhs bekennen 
die Lehre Nanaks, die Urbewohner haben fast ohne Ausnahme ihre eige- 
nen meistens blutigen Kulte; die Zahl der einheimischen und europäischen 
Christen beträgt keine Million, dagegen sind die Mohammedaner in Folge 
der gewaltsamen Bekehrungen, die sie zur Zelt ihrer Oberherrschaft un- 
ternahmen, wenigstens 15 Millionen stark. Britischindien ist ein erober- 
tes Reich, keine englische Kolonie und kann auch von den Engländern 
niemals kolonisiert werden, nicht allein well das tropische Klima der 
Niederungen einen europäischen Arbeiter bald aufreibt, sondern auch sei- 
ner starken Bevölkerung wegen, welche es an Gewerbe= und Handels- 
thätigkeit den Europäern fast gleich thut; es bleibt also auch in Zukunft 
ein erobertes Land und muß deßwegen durch Militärmacht in Unterwür- 
figkeit erhalten werden. Diese betrug bisher 30,000 Mann europälscher 
königlicher Truppen und 20,000 Mann Europäer, die von der Kom- 
pagnie geworben und unterhalten wurden, im Ganzen also 50,000 Euro- 
päer; außerdem unterhielt die Kompagnie ein Heer von 240,000 Mann, 
die aus den Eingeborenen geworben, aber europäisch geschult und von 
europäischen Oberoffizieren befehligt wurden (Sipahis). Diese ganze 
Heeresmacht war in dret selbstständige Armeen getheilt: in die der Prä- 
sidentschaft Madras, die der Präsidentschaft Bombay und die der 
Präsidentschaft Bengalen, welch letztere allein 174,000 Mann stark 
war, denn diese Präsidentschaft umfaßt das ganze Gebiet des Ganges 
sowie des obern und mittlern Indus; in ihr liegen deßwegen auch von 
den 188 Stationen, auf welche das ganze Militär verlegt ist, nicht 
weniger als 128, während auf Madras 33, auf Bombay nur 27 kom- 
men. Die einheimischen Truppen der bengalischen Armee stammen größ- 
tentheils aus den höhern Kasten der Hindu, besonders aus der Bra- 
minenkaste (denn diese Kaste ist nicht auf Priesterthum und Wissenschaft 
beschränkt, sondern vermeidet nur die Geschäfte der niedern Kasten); 
in den Armeen der zwei andern Präsidentschaften dienen dagegen auch 
viele Leute aus den niederen Kasten und viele Urbewohner. Die Reiterei 
besteht fast ausschließlich aus Mohammedanern, weil der Hindu bramini- 
scher Religion ohne die größte Verunreinigung kein Lederzeug berühren 
kann, das von einem Thiere aus der Klasse des Rindviehs herrührt; 
doch dienen auch Sikhs in eigenen Reiterregimentern, die kleinen muthi- 
gen Gorkas aus Nepal dagegen nur als unregelmäßiges Fußvoll Alle 
Bumüller, Neue Zeit. 6. Aufl.
	        
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