Heinrich IV. 65
dürfen sie Bücher drucken und verkaufen, Schulen errichten, Geldbeiträge
einsammeln. Sie sind zu allen Würden und Aemtern befähigt und zum
Genusse aller öffentlichen Wohlthaten berechtigt. Sie sollen aber den
Zehnten entrichten, die katholischen Festtage halten und die kirchlichen
Ehehindernisse beachten. In Prozessen, bei welchen Hugenotten die
Hauptpersonen sind, wird im Pariser Parlament eine Kammer unter
dem Namen Kammer des Edikts aus einem Präsidenten und 16 Räthen
ertichtet, von denen sechs Hugenotten und zehn Katholiken sein sollen;
ahnlich soll es bei den Provinzialparlamenten eingerichtet werden. Bei
den andern königlichen Gerichten können die Hugenotten in Civilsachen
wei, in Kriminalsachen drei Richter ohne Angabe der Gründe zurück-
weisen. Dies sind die Hauptbestimmungen des Edikts von Nantes,
dem sich die Hugenotten fügen mußten, obwohl ein großer Theil der-
selben damit nichts weniger als zufrieden war.
einrich IV.
Heinrich IV. beherrschte nun seine Franzosen mit Klugheit, Kraft
und Milde; seine persönliche Tapferkeit, sein geistreicher Witz und seine
Sinnlichkeit vollendeten in ihm das Ideal eines französischen Königs.
Sein Finanzminister Sully wußte hauszuhalten und durch diese Staats-
wirthschaft erhielt Heinrich das Anrecht auf den Namen eines großen
Regenten. Seiner Politik nach blieb er ebenfalls ein ganz ächter Fran-
zose; er ging nämlich mit dem Plane um, die Macht Spaniens und
Oesterreichs vollständig zu brechen, die großen Reiche in lauter kleine
zu zerstückeln und die deutschen Fürsten als Souveräne zu erklären, oder
mit andern Worten, das deutsche Reich vollends aufzulösen. Frankreich
aber wäre natürlich unvertheilt und die große Nation geblieben, die zu
ihrer Ausrundung und als schuldigen Dank für die Völkerbefreiung so
viel an sich genommen hätte, als dem König nothwendig und nützllich
schien (Niederlande, Lothringen, Hochburgund, Savoyen, Genua, Nea-
pel, Sicilien). Alle die kleinen Staaten hätten dann unter dem Namen
der christlichen Republik einen großen Bund gemacht zur Erhaltung
des Friedens, und welche Nation hätte sich besser geeignet zum Friedens-
wächter als die französische, vorausgesetzt, daß man sie thun ließ, was
fie wollte! Daß Heinrich nichts anderes im Plane hatte, als was Lud-
wig XIV. und Napoleon I. ausführten, die Uebermacht Frankreichs, ver-
steht sich von selbst; die gleißenden Worte gegen Spanien und Oester-
reich von christlicher Republik und allgemeinem Frieden waren nur für
die Deutschen berechnet (wie bequem, aber auch wie verächtlich das Be-
nehmen der deutschen Fürsten und Reichsstände den Franzosen erschien,
kann man z. B. in den Memoiren Sullys nachlesen). Heinrichs IV.
Vorbereitungen zum großen Kriege waren in der That furchtbar; zu
Bumüller, Neue Zeit. 6. Aufl. 5