66 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands 2c.
seinem französischen Heere, dessen Fußvolk aber es immer noch nicht mit
dem deutschen und spanischen aufnehmen konnte, warb er 10,000 Schwei-
zer; in seinen Zeughäusern hatte er 400 Kanonen, 200,000 Kugeln, 4.
Millionen Pfund Pulver, Waffen für 30,000 Mann Fußpvolk und für
8000 Reiter, in seinem Schatze aber 36 Millionen Livres. Gegen Spa-
nien verbündete er sich insgeheim mit England, Dänemark und Savoyen,
unterstützte die Niederländer mit Hilfsgeldern und schloß im Jahre 1610
einen Bund mit der protestantischen Union in Deutschland, wurde aber
noch in demselben Jahre von einem Fanatiker Ravalllak ermordet.
Gewisese Schriftsteller legen dlesen Mord den Jesuiten, die Heinrich 1605
in Frankreich aufgenommen hatte, oder den französischen Katholiken über-
haupt zur Last, weil der König mit den deutschen Protestanten Bündniß
geschlossen habe. Diese Anschuldigung ist unverständig und schmählich,
denn Heinrich dachte nicht daran, den Protestanten das Uebergewicht zu
verschaffen; er wollte Deutschland bloß mit Hilfe der deutschen Prote-
stanten berauben, welche Politik auch seine Nachfolger, von den Kardi-
nälen Richelieu und Mazarin geleitet, ins Werk setzten, ohne daß sie
ermordet wurden. Der Kampf zwischen dem Protestantismus und der
Kirche war auf dem Festlande bereits entschieden, das Gleichgewicht der
Macht beider bereits hergestellt, nur die Politik beutete den Glauben
bei guter Gelegenheit aus.
Zehntes Kapitel.
Die Reformation in England.
Zur Zeit, als Luther in Wittenberg auftrat, regierte in England
Heinrich VIII., Sohn Heinrichs VII., der Richard III. bei Bos-
worth geschlagen und getödtet hatte. Heinrich VII. war sparsam wie
Vespasian und hinterließ seinem Sohne eine gefüllte Schatzkammer
außerdem einen demüthigen Adel; denn er hatte die Stemkammer er-
richtet, einen Gerichtshof, bestehend aus den Ministern des Königs,
einem Bischof, einem weltlichen Pair, dem Präsidenten der Kingsbench
und dem des Gerichtshofs für Civilklagen, welcher über Vergehen
gegen die öffentliche Ordnung urtheilte, vermittelst dessen Heinrich VII.
und nach ihm sein Sohn die Großen tyrannisierte. Heinrich VIII.
(ein Tudor; Heinrichs V. Wittwe heirathete den Walliser Owen
Tudor, und ihre drei Söhne rückten in den Rang des hohen Adels;
ein Enkel von ihr ist Heinrich VII.) war 18 Jahre alt, da er den
Thron bestieg; das Volk begrüßte ihn mit Jubel, weil sein Vater sich
durch seine Geldwirthschaft verhaßt gemacht hatte. Heinrich heirathete
die Tante Karls V., Katharina von Aragonien, die jungfräuliche