11. Oktober Zehntes Kapitel 285
Abends ließ der Chef mich auf sein Zimmer rufen, um mir
einen Auftrag in betreff Garibaldis zu erteilen, der nach tele-
graphischer Meldung in Tours angekommen war und der fran-
zösischen Republik seine Dienste gegen uns angeboten hatte. Dann
fuhr der Kanzler fort: „Aber sagen Sie einmal, warum sind Sie
nur in dem, was Sie schreiben, mitunter so massiv? Ich weiß
zwar nicht den Wortlaut des Telegramms wegen Russells. Aber
auch das, was Sie neulich bei Braß über die Ultramontanen sagten,
war sehr stark in den Ausdrücken. Die Sachsen gelten doch sonst
für höfliche Leute, und wenn Sie der Hosschriftsteller des Aus-
wärtigen Amtes sein wollen, so sollten Sie nicht so hagebüchen
sein.“)
Ich erlaubte mir, zu erwidern, ich könnte auch artig sein und
glaubte mich auf die feine Malice zu verstehen.
„Nun, dann seien Sie fein, aber ohne Malice, schreiben Sie
diplomatisch; selbst bei Kriegserklärungen ist man ja höflich,“ ent-
gegnete er.
Halb zehn Uhr war Burnside mit seinem Begleiter wieder da
und blieb bis halb elf Uhr beim Kanzler, der mir dann wieder
einen Auftrag gab. Später sah man ihn in der hellen Mondschein-
nacht bis zur Geisterstunde im Garten auf= und abwandeln, während
aus der Gegend von Paris her Kanonendonner und einmal auch
ein dumpfer Knall wie von einer Explosion herüberschallte.
Dienstag, den 11. Oktober. Früh heißt es über die Ex-
plosion von voriger Nacht, man habe (unfrerseits?) zwei Brücken
gesprengt.
Nicht bloß in England, auch daheim empfinden Privatleute den
Beruf, sich durch ihren Rat an der Herbeiführung des Friedens zu betei-
ligen. Diesen Morgen ging im Büreau ein beschwerter Brief ein, in
dem ein Herr Rohardt aus Flehde in Norderditmarschen dem Minister
„allerunterthänigst und in tiefster Ehrfurcht“ die Bitte vortrug, die
Aufnahme einer Annonce in die Times zu bewirken, die die Fran-
zosen „von weiterer Insurrektion“ abmahnte, zu dem Zwecke er die
Insertionskosten mit dreißig Thalern zehn Silbergroschen einsandte.
Um zehn Uhr konnte ich wieder eine Siegesnachricht tele-
*) Vergl. den Schluß des Tagebuchblattes vom 7. Oktober.