Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

8 61 Die Stiftungen. 147 
  
  
Stempelpflicht besteht für die Genehmigung der Stiftung, für die erstmalige Feststellung 
der Stiftungsstatuten und für jede Anderung der Verfassung einer Stiftung; genehmigte 
Stiftungen, welche von dem Ministerium des Innern ausdrücklich als milde anerkannt worden 
sind, sind von der Zahlung des Stempels befreit 1). Die Verfassung einer Stiftung wird, 
soweit sie nicht auf Reichs- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt. 
Über die Anderung des Zweckes einer Stiftung sowie über die Aufhebung einer Stiftung 
nach § 87 Abs. 1 BGB. (falls die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist oder 
das Gemeinwohl gefährdet), entscheidet das Staatsministerium. Bei der Umwandlung des 
Zweckes ist die Absicht des Stifters tunlichst zu berücksichtigen, insbesondere ist dafür Sorge 
zu tragen, daß die Erträgnisse des Stiftungsvermögens dem Personenkreise, dem sie zustatten 
kommen sollten, im Sinne des Stifters tunlichst erhalten bleiben. Vor der Umwandlung des 
Zweckes und der Anderung der Verfassung soll der Vorstand der Stiftung gehört werden. 
Soweit die Verfassung einer Stiftung nicht schon durch das Stiftungsgeschäft geregelt ist, 
kann sie von dem Staatsministerium bestimmt und, unbeschadet der inzwischen begründeten 
Rechte Dritter, geändert und ergänzt werden. Mit dem Erlöschen einer Stiftung fällt ihr Ver- 
mögen beim Fehlen einer Bestimmung der Anfallberechtigten an den Fiskus, welcher hierbei 
vom Finanzministerium vertreten wird?). Die Bestimmung des Art. 43 HV., daß das Ver- 
mögen der vom Staate anerkannten Stiftungen unter keiner Voraussetzung „dem Finanz- 
Vermögen“ einverleibt werden könne, ist durch BGB. §§ 88, 46, 45, AG. Art. 9 für die privat- 
rechtlichen Stiftungen aufsgehoben. Für die öffentlichrechtlichen Stiftungen behält er seine 
Gültigkeit. Auch im übrigen werden durch die im Texte wiedergegebenen privatrechtlichen 
Rechtssätze die öffentlichrechtlichen Stiftungen nur insoweit berührt, als eine analoge 
Rechtsanwendung am Platze scheint und keine entgegenstehenden öffentlichrechtlichen Vor- 
schriften vorhanden sind. Vgl. Kreisratsinstruktion v. 29. IX. 1832 (RBl. S. 609) §§5 78—80. 
Die Fonds der milden Stiftungen zur Beförderung der Gottesverehrung, des Unterrichts 
und der Wohltätigkeit können, soweit sie öffentlichrechtlichen Charakter haben, nur mit Ein- 
willigung der Landstände zu einem fremdartigen Zwecke verwandt werden 3). 
2. Hinsichtlich der Verwaltung und Verwendung des Vermögens solcher Stiftungen, 
auf welche die 8§ 80 ff. BGB. keine Anwendung finden, sind in erster Linie die stiftungsmäßigen 
Bestimmungen maßgebend. Hierbei treten jedoch an Stelle etwaiger früherer, abweichender, 
gesetzlicher oder sonstiger Vorschriften die einschlägigen Bestimmungen der Städteordnung und 
der Landgemeindeordnung von 1911. Ferner gilt der feststehende Grundsatz, daß niemals die 
Gemeindeangehörigen als solche einen Anspruch auf das Vermögen derartiger Stiftungen haben“). 
Die Verwaltungen von Fonds oder Anstalten für Wohltätigkeitszwecke oder Kranken- 
pflege, welche Stiftungsvermögen verwalten und entweder ständige Zuschüsse aus der Gemeinde- 
kasse erhalten oder solche beanspruchen können, sind als bleibende Verwaltungsdeputation im 
Sinne der Art. 131 ff. St O., 129 ff. LGO. einzurichten. Nähere Bestimmungen hierüber 
sind unter Berücksichtigung etwaiger für die Verwaltung geltender Sondervorschriften durch 
Ortssatzung zu treffen 5). 
Auf die Ernennung und die Aufsicht über die Rechnungsführung der Rechner der vor- 
genannten Fonds oder Anstalten finden die auf die Gemeinderechner bezüglichen Vorschriften 
Anwendung##). 
1) Gesetz über den Urkundenstempel vom 23. III. 1910 (RBl. S. 63) Art. 1 und Tarif 
Nr. 37 IV, 71 u. 72, sowie Art. 7 Abs. 1 Ziff. 4. 
2) Siehe B###. #s 80 ff.; AG. z. BGB. Art. 7—11. 
3) HV. Art. 44; vgl. auch Wolf S. 39. 
4) StO. Art. 183, LO. Art. 176. — Die einschlägigen Bestimmungen der beiden Gemeinde- 
ordnungen beziehen sich ausschließlich auf die oben erwähnten „unselbständigen“ oder „soge- 
nannten“ Stiftungen, d. h. auf besondere, einer Stadtgemeinde unter einer bestimmten 
Auflage gemachte Vermögenszuwendungen, nicht dagegen auf Stiftungen, denen nach den 
Grundsätzen des bürgerlichen Rechts (§ 80 ff. des BGB., Art. 7 ff. des bes- Ausf Ges. z. BGB. 
vom 17. Juli 1899) Rechtsfähigkeit zukommt. So richtig Best a. a. O. 
5) StO. Art. 184, LGO. Art. 177. 
6) St . Art. 185, LGO. Art. 178. 
10“
	        
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