138 III. Teil. Verfassungsurkunde. Artikel 76—77.
und wieder von der einen Kammer abgelehnt, von der
andern aber angenommen, so werden, wenn die Regie-
rung es nicht vorzieht, den Vorschlag zurückzunehmen,
die Stimmen für und wider die Annahme in beiden
Kammern zusammengezählt, und es wird, nach der sich
dann ergebenden Stimmenmehrheit, für oder gegen die
Annahme entschieden.
Artikel 76.1
[Gesetzes-Entwürfe können nur von dem Großherzoge
an die Stände, nicht von den Ständen an den Groß-
herzog gebracht werden.] Die Stände können aber, im
Wege der Petition, auf neue Gesetze, so wie auf Ab-
änderung oder Auphebung der bestehenden antragen.
Artikel 77.2
[Aushebungen zur Vermehrung der Truppen über
die Bundespflicht hinaus können nur durch ein Gesetz
1 Vgl. Gesetz, Die landständische Geschäftsordnung betr., vom
17. Juni 1874 (RBl. S. 423), mit Novellen vom 20. Oktober 1894
(RBl. S. 501) und vom 18. Mai 1901 (RBl. S. 365), insbesondere
Art. 19 und Art. 59, wodurch Art.76 H V. zu Gunsten der ständischen
Gesetzesinitiative erheblich modifiziert wurde.
„Art. 19. Jedes Mitglied der Stände hat das Recht, in der
Kammer, zu welcher es gehört, Motionen über Gegenstände, welche
zu dem Wirkungskreise der Kammern gehören, zu machen (Art. 90
der Verfassungsurkunde).
Zu solchen Gegenständen gehören auch Gesetzesentwürfe, welche
von wenigstens 10 Mitgliedern in die Kammer eingebracht werden.“
„Art. 59. Das Gesetz vom 8. September 1856, die landstän-
dische Geschästsordnung betr., sowie die Artikel 76, 85, 86, 88, 92,
93, 98, 100 der Verfassungsurkunde vom 17. Dezember 1820 sind
aufgehoben, soweit letztere im Widerspruch mit gegenwärtigem Ge-
setze stehen."“
2 Vgl. jetzt RV. Art. 57—68; Reichsmilitär-Gesetz vom 2. Mai
1874 und Militärconvention vom 13. Juni 1871, insbesondere Art.7
und 13 (R l. S. 341f.) s. unten Teil IV.