18 I. Teil. Einleitung.
den grundsätzlichen Mängeln nicht ab. Denn das, was
hier an Stelle einer umfassenden Konstitutionsurkunde
gegeben worden war, war im wesentlichen nichts weiter,
als ein Regulativ über die Neuschaffung einer ständi-
schen Organisation und eine Zusammenstellung der den
Ständen zugestandenen Befugnisse; diese Befugnisse aber
waren in der Hauptsache auf ein sehr verklausuliertes
Zustimmungsrecht zum Finanzgesetz, auf ein Begut-
achtungsrecht bei neu zu erlassenden allgemeinen Ge-
setzen — unter Ausschluß solcher Gesetze, welche sich auf
die Polizei, die Verwaltung oder den Staatsdienst be-
zogen —, und endlich auf das Recht, unter bestimmten
Voraussetzungen Beschwerden und Petitionen an den
Landesherrn zu bringen, beschränkt. Die Differenz
zwischen den Versprechungen vom 16. November 1814
und den Leistungen vom 18. März 1820 war höchst
auffallend. „Man hatte“ — so berichten die als kon-
servativ bekannten Murhard'schen politischen Annalen
vom Jahre 1821 (S. 280) — „sowol von den be-
kannten liberalen Gesinnungen des Großherzogs, welche
dieser so kräftig durch die Erklärung vom 16ten No-
vember 1814 beym Wiener Kongresse ausgesprochen,
wie von den Rechtsprincipien des seit dem August
vorigen Jahres zum dirigirenden Staatsminister er-
nannten Kanzlers der Landesuniversität von Grolman,
ganz andere Resultate erwartet.“ „Man vermißte dem-
nach auf gleiche Weise in dem Edikte die Uebereinstim-
mung mit jenen von dem Souverän an den Tag ge-
legten Gesinnungen und den vom Minister während
eines mehr als 20 jährigen Zeitraums vom akademischen
Lehrstuhle vorgetragenen Grundsätzen über die wechsel-
1 S. Abdruck des Verfassungsedikts im RBl. 1820 S. 101 ff.