VI. Von den Gemeinden. 61
sich demnach nicht mehr als Gegensätze gegenüber, sondern
sind zueinem einheitlichenGanzen verschmolzen.“
Die Grundzüge der gemeindlichen Organisation, auf
welchen der in dieser Weise charakterisierte Rechtszustand
beruht, sind im wesentlichen folgende:
1. Die Gemeindeverfassung des Gr. H. zeigt ebenso
wie diejenige der anderen deutschen Staaten innerhalb
des Gesammtbegriffs der „Ortsgemeinden“ eine Unter-
scheidung von Stadt= und Landgemeinden. Das unter-
scheidende Merkmal liegt weder in der herkömmlichen
Benennung der betreffenden Gemeinden, noch in deren
Größe (wenigstens nicht unmittelbar), sondern in der
Art und Weise, wie die Zusammensetzung und die Zu-
ständigkeit der gemeindlichen Organe geregelt sind; ge-
meinsam ist, unbeschadet dieses Unterschiedes, beiden Arten
von Gemeinden die Zweiteilung der verfassungsmäßigen
Organe in Gemeindevertretung und in Gemeindevorstand
oder Gemeindeobrigkeit.
1 S. de Beauclair, Das Verfassungs= und Verwaltungs-
recht d. deutsch. R. u. d. Großh. H., S. 38.
2 Am 4. Januar 1905 wurde den hessischen Landständen ein ein-
gehend begründeter Regierungsentwurf vorgelegt, welcher insbe-
sondere die Revision der drei Gemeindeordnungen bezw. Ver-
waltungsgesetze und die Neuordnung der Verwaltungsrechtspflege
bezweckt. Die Grundlagen der Selbstverwaltung werden durch
diese Entwürfe jedoch nicht berührt. Vgl. LV. II., 32. Ldtg.
1903/1905, Drucksachen B. 4., Nr. 539 S. 1—392. — Bezüglich
der Wiedervorlage des auf dem 32. Landtage nicht erledigten
Regierungsentwurfs vgl. LV. II., 33. Ldtg. 1905/1908, Druck-
sachen B. 1 Nr. 4, Anlage II, S. 7.
3 Die bezeichnete Unterscheidung besteht in Hessen der Sache
nach zweifellos, jedoch hat die Gesetzessprache und die hessische
Staatsrechts-Literatur dem allgemeinen Sprachgebrauch bisher
leider nur sehr unvollkommen Rechnung getragen. Bald werden
die Ausdrücke „Gemeindevertretung“ und „Gemeindevorstand“