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nahme der K. in die Anstalt hinzuwirken. Der Verklagte kann sich daher der Wiedererstattung
der durch ihre Heilung entstandenen Kur= und Verpflegungskosten im gesetzlichen Umfange nicht
entziehen. Dabei * zunächst sein Verlangen für ungerechtfertigt erachtet werden, daß der
Tag, an welchem die Verpflegung begonnen hat, mit demjenigen, an welchem sie beendigt
worden, zusammen als ein Tag berechnet werden solle, da der für die gegenseitige Berechnung
unter preußischen Armenverbänden bestehende Tarif vom 21. August 1871, welcher eine solche
Bestimmung enthält, im vorliegenden Falle nicht in Betracht kommen kann, der Verklagte
übrigens nicht bestreitet, daß die K. an diesen beiden Tagen auf Kosten des Klägers verpflegt
worden sei.
Andererseits erscheint der von dem Kläger geforderte Verpflegungssatz von 1 Mark 25 Pf.
täglich, unter Berücksichtigung der im §. 30 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 für die Be-
rechnung gegebenen Bestimmungen, zu Hoch. Wenn der Kläger es in Zweifel zieht, ob der §. 30
cit. überhaupt hier Anwendung finden könne, da das städtische Krankenhaus eine eigentliche
Armenanstalt nicht sei, so ist dieser Zweifel unbegründet. Denn es ergiebt sich aus der von
dem Kläger vorgelegten Uebersicht über die Anzahl der Verpflegten und der Verpflegungstage in
den Jahren 1871—1873 fol. 25 act., daß das Krankenhaus auch dazu bestimmt ist, die Kranken,
deren Kur auf Kosten von auswärtigen Armenverbänden bezw. in Gemäßheit des Unterstützungs-
wohnsitz-Gesetzes erfolgt (e); die Kranken, für welche das Königreich Sachsen als Landarmenverband
eintritt (); und die Kranken, für welche die Armenversorgungsbehörde ganz oder theilweise aufkommt (i);
endlich die ausländischen Kranken aufzunehmen, für welche die Staatskasse auf Grund des §. 60 des
Unterstützungswohnsitz-Gesetzes eintritt (h.). Dasselbehat mithin neben seinen sonstigen Zwecken auch die
Bestimmung einer Armenanstalt, und müssen daher auch die bezüglichen Bestimmungen des Reichs-
gesetzes bei Berechnung der Kosten berücksichtigt werden. Daß die Feststellungen des von der König-
lich sächsischen Regierung genehmigten Regulativs hier nicht für maßgebend erachtet werden
können, ist bereits in den Erkenntnissen vom 7. Januar 1873 in Sachen Dresden contra Berlin
und vom 5. Januar 1874 in Sachen Dresden contra Bankwitz (Entscheidungen, Heft II. Seite 74,
Heft IV. Seite 64) näher ausgeführt worden. Die Ausgabeberechnungen aber, welche Kläger
in I. Instanz aus den Jahren 1871, 1872 und 1873 und in dieser Instanz aus dem Jahre
1874 vorgelegt hat, ergeben, wenn man diejenigen Positionen aussondert, welche als allgemeine
Verwaltungskosten und als Gebühren festremunerirter Armenärzte nach §. 30 cit. außer Betracht
bleiben müssen, und wenn man, wie bereits in dem Erkenntnisse vom 25. September 1875 in
Sachen Dresden contra Drehna näher begründet wurde (Entscheidungen, Heft VI. Seite 66),
nur die unter den Rubriken: Beköstigung der Kranken und Bediensteten, und Medikamente und
besonderer Kuraufwand berechneten Kosten in Anschlag bringt, einen erheblich geringeren Betrag
als den vom Kläger geforderten. Derselbe übersteigt zwar, wenn man bei dem Durchschnitte
statt des Jahres 1871 das Jahr 1874 berücksichtigt, den in dem letzgedachten Urtheil ermittelten
Betrag nicht ganz unerheblich, beläuft sich aber immerhin nur auf 1 Mark — Pf. und
zwar einschließlich des unter die allgemeinen Verwaltungskosten fallenden Aufwandes für die Be-
köstigung des assistenzärztlichen Personals und die Bediensteten, resp. Offizianten. Es erschien daher
angemessen, den Verpflegungssatz von rund 1 Mark täglich zuzusprechen und hiernach das erste
Erkenntniß theilweise abzuändern.