— 519 —
Ortsarmenverbande zu unterstützen, in dessen Bezirk er sich bei dem Eintritt der Hülfsbedürftig—
keit befindet. Diesem Fundamentalsatze entsprechend, hat auch in den Fällen des §. 29. 1. c. der
Armenverband des Dienstortes, wenn die betreffende Person während des Dienstverhältnisses an
dem Orte des Dienstverhältnisses erkrankt ist, dem Erkrankten die erforderliche Kur= und Verpfle-
gung zu gewähren und tritt hier noch das Besondere hinzu, daß vermöge der dem Armenver-
bande des Dienstortes auferlegten beschränkten definitiven Verpflichtung demselben
„ein Anspruch auf Erstattung der entstehenden Kur= und Verpflegungskosten, beziehungs-
weise auf Uebernahme des Hülfsbedürftigen gegen einen andern Armenverband nur erwächst,
wenn die Krankenpflege länger als 6 Wochen fortgesetzt wurde, und nur für den über diese
Frist hinausgehenden Zeitraum.“
Es ist mithin klar, daß rücksichtlich der durch den Eintritt der Krankheit und Hülfsbe-
dürftigkeit am Dienstorte dem Armenverbande des letzteren erwachsenen Verpflichtung, die erforder-
liche Kur und Verpflegung zu gewähren, durch den Ablauf der sechswöchentlichen Frist keine Aende-
rung eintritt; daß vielmehr von da an nur Erstattung der dem Armenverbande des Dienstorts
weiter erwachsenen Kosten von dem definitiv Verpflichteten — unter preußischen Armenverbänden
selbstverständlich nach Maßgabe des preußischen Tarifs — verlangt werden kann. Von da an
bleibt der Armenverband des Dienstorts vermöge der in seinem Bezirke mit der Erkrankung ein-
getretenen Hülfsbedürftigkeit sowohl nach dem allgemeinen Grundsatze des §. 28, als nach der
Spezialbestimmung des §. 29 der zur weiteren Armenpflege vorläufig verpflichtete. Gegenüber
der zweifellosen Fassung der gedachten Paragraphen kann es daher für den vorliegenden Fall auch
nichts erheben, daß die Kranke auf Grund der ärztlichen Anordnung nach Berlin hatte gebracht
werden müssen, wo sie ihren Unterstützungswohnsitz hat, und daß sie sich insbesondere auch bei
Ablauf der ersten 6 Wochen dort — also im Bezirke des definitiv verpflichteten Armenverbandes
— befand. Denn durch das Hervortreten der Hülfsbedürftigkeit in Friedenau war die Verpflich-
tung des dortigen Ortsarmenverbandes zur vorläufigen Gewährung der Armenunterstützung für die
Dauer des vorliegenden Unterstützungsfalles und jedenfalls bis dahin fixirt, daß Berlin nach dem
Grundsatze des §. 31 verpflichtet werden konnte, die Kranke in seine unmittelbare Fürsorge zu
übernehmen. Eine solche Verpflichtung kann aber, so lange es sich nur um die Erkrankung an
einem gastrischen Fieber, sonach an einer nach der Erfahrung der Heilkunde in nicht allzulanger
Frist heilbaren Krankheit handelte, welche eine im Sinne des Gesetzes als nur vorübergehend
zu betrachtende Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte, als begründet nicht anerkannt werden.
7. Eisenbahn-Wesen.
E# ist darüber Beschwerde erhoben, daß bestellte Kupees in Eisenbahnzügen vielfach nicht als solche
durch ein äußeres Zeichen erkennbar gemacht werden.
Den angestellten Erhebungen zufolge sind in der That bei einzelnen Eisenbahnen derartige Bezeich-
nungen überhaupt nicht üblich, während bei anderen die bestellten Kupees mit äußerlich sichtbaren Plakaten
versehen werden, welche die Aufschrift: „Bestellt“ oder „Reservirt“ oder „Gemiethet“ tragen. Das Reichs-
Eisenbahn-Awmt erachtet die Anbringung derartiger, in die Augen fallender Plakat-Bezeichnungen in dem be-
zeichneten Falle für erforderlich und darf erwarten, daß diese — wenig kostspielige — Einrichtung, wo solche