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sicherlich, daß der zur vorläufigen Fürsorge nach §. 28 verpflichtete Armenverband für die Er-
füllung dieser Pflicht auch armenrechtlich haftet. Und wenn man genöthigt ist, diese Haftpflicht
als eine armenrechtliche Verbindlichkeit anzuerkennen, so liegt es einfach in der Konsequenz, nicht
blos die Zuständigkeit der Spruchbehörden in Armensachen auf derartige Streitigkeiten zu er-
strecken, sondern auch die Bestimmungen, welche die Höhe armenrechtlicher Ersatzansprüche regeln,
gegenüber dem aus §. 28 in Anspruch genommenen Armenverbande zur Anwendung zu bringen.
So hat auch das Bundesamt bereits früher entschieden Wohlers VIl. pag. 94).
Nach Maßgabe des preußischen Tarifs vom 21. August 1871 darf der verpflegende
Armenverband Mehraufwendungen für Heilmittel, Krankenwartung 2c., überhaupt Ausgaben für
Krankenpflege im Gegensatze zur gewöhnlichen Verpflegung, unverkürzt in Ansatz bringen, wenn
die Krankheit eine schwere war. Diese Voraussetzung trifft hier zu, da F. nach der Rezeptionsver-
handlung an Wassersucht litt und im Krankenhause starb. Die Ansätze für Arzneien, ein Bad,
Eis, Rothwein und Bier, welche letzteren Getränke im vorliegenden Falle augenscheinlich im In-
teresse der ärztlichen Behandlung verabreicht worden sind, müssen daher zur Erstattung zugelassen
werden. Die Natur der Krankheit brachte es ferner mit sich, daß die Reinigung der Bett= und
Leibwäsche einen erhöhten Aufwand verursachte. Die Höhe dieses Mehraufwandes ist speziell
allerdings vom Kläger nicht nachgewiesen; es darf aber bei der langen Dauer der Verpflegung
der liquidirte Betrag von 34 Mark 20 Pf. als das entsprechende Aequivalent angesehen werden,
und es ist auch diese Ausgabe zu den besonderen Kosten der Krankenpflege, welche durch den
Pauschsatz Nr. 1 nicht gedeckt werden, ausnahmsweise zu rechnen. Dagegen find die liquidirten
Heizungskosten in Ermangelung des Nachweises, daß ein besonderes Zimmer für F. geheizt werden
mußte, als zu den allgemeinen Verwaltungskosten gehörig, auch durch den tarifmäßigen Pauschsatz
für Verpflegung gedeckt, von der Liquidation abzusetzen.
An der vom Verklagten hiernach zu ersetzenden Gesammtsumme von 175 Mark 23 Pf.
kommen aber noch diejenigen 77 Mark 40 Pf., welche der Landarmenverband der Neumark
dem Kläger bereits freiwillig für die Krankenpflege vom 17. September 1875 ab vergütet hat,
in Abzug. Wenn die Vergütung von 77 Mark 40 Pf. etwa zu niedrig berechnet ist, so muß
es nach dem Obigen dem Verklagten überlassen bleiben, wegen des Fehlenden den Landarmen-
verband nachträglich noch in Anspruch zu nehmen. Kläger ist nicht verpflichtet, diesen Streit
mit dem definitiv fürsorgepflichtigen Armenverbande auszufechten.
7. Kon fulat-Wesen.
Der Kaiserliche Konsul in Lagos (Guinea) Louis Heldbek ist verstorben. Mit der interimistischen Ver-
waltung des Konsulats ist Herr Wilh. Julius Heldbek betraut worden.
Seitens des Kaiserlichen Konsuls in Adelaide ist Herr Hugo Muecke zum Konsular-Agenten für den Hafen
von Adelaide bestellt worden.
Berlin, Carl Heymann's Verlag. — Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin.