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Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 3. d. Mts. Folgendes beschlossen:
Die obersten Landes-Finanzbehörden werden ermächtigt, die fünfjährige Lagerfrist für Wein—
theilungslager (8. 2 Abs. 1 und §. 10 des Weinlagerregulativs, 5. 10 Abs. 2 des Privat-
lagerregulativs) nach Maßgabe des Bedürfnisses zu verlängern.
Berlin, den 15. Juli 1890.
Der Reichskanzler.
In Vertretung: Freiherr von Maltzahn.
Durch Beschluß des Bundesraths vom 3. Juli d. Is. sind die obersten Landes-Finanzbehörden er-
mächtigt worden, die Anmeldung der mit dem Anspruch auf Vergütung der Zuckersteuer auszuführenden
oder niederzulegenden Zuckerfabrikate auch bei einer zur unbeschränkten Abfertigung von Zucker nicht be-
fugten Amtsstelle zu gestatten, sofern die Fabrikate gemäß Ziffer 5 Absatz 1 der Bestimmungen zur Aus-
führung des §. 7 des Zuckersteuergesetzes durch Sachverständige auf ihren Gehalt an Zucker und das
Nichtvorhandensein von Stärkezucker oder Honig untersucht oder nach Ziffer 7 derselben Bestimmungen
auferunh der Vergleichung mit den bei der Steuerstelle hinterlegten bezüglichen Mustern abgefertigt
werden sollen.
4. Allgemeine Verwaltungs-Sachen.
Zwischen dem Deutschen Reich und den nachbenannten auswärtigen Staaten sind unter Vorbehalt ein-
jähriger Kündigung Uebereinkommen wegen gegenseitiger Unterstützung hülfsbedürftiger Seeleute abge-
schlossen worden. Der wesentliche Inhalt der Uebereinkommen wird hier mitgetheilt:
1. Großbritannien.
(Uebereinkommen vom 27. Mai 1879, in Kraft getreten am 1. Juli 1879.)
Wemn ein Seemann eines der kontrahirenden Staaten, nachdem er auf einem Schiffe des anderen
der kontrahirenden Staaten gedient hat, in einem dritten Staate, beziehentlich in dessen Kolonien, oder
in den Kolonien desjenigen Staats, dessen Flagge das Schiff führt, in Folge von Schiffbruch oder aus
anderen Gründen in hülfsbedürftigem Zustande zurückbleibt, so soll die Regierung desjenigen Staats,
dessen Flagge das Schiff führt, zur Unterstützung dieses Seemanns verpflichtet sein, bis derselbe wieder
einen Schiffsdienst oder anderweitige Beschäftigung findet oder bis er in seinen Heimathsstaat, beziehentlich
in dessen Kolonien zurückkehrt oder mit Tode abgeht.
Es wird dabei vorausgesetzt, daß der Seemann die erste sich ihm darbietende Gelegenheit zu
benutzen hat, um vor dem zuständigen Beamten desjenigen Staats, dessen Unterstützung erbeten werden
soll, über seine Hülfsbedürftigkeit und deren Ursachen sich auszuweisen, sowie daß die Hülfsbedürftigkeit
als die naturgemäße Folge der Beendigung des Dienstverhältnisses an Bord des Schiffs sich ergiebt,
widrigenfalls diese Unterstützungspflicht wegfällt.
Ausgeschlossen ist diese letztere auch dann, wenn der Seemann desertirt oder wegen einer straf-
baren Handlung vom Schiffe entfernt worden ist, oder wenn er dasselbe wegen Dienstuntauglichkeit in
Folge selbstverschuldeter Krankheit oder Verwundung verlassen hat.
Die Unterstützung umfaßt den Unterhalt, die Bekleidung, ärztliche Pflege, Arzenei und Reise-
kosten; für den Fall eintretenden Todes sind auch die Begräbnißkosten zu zahlen.
2. Frankreich.
(Uebereinkommen vom 16. Mai 1880, in Kraft getreten am 1. Juli 1880.)
Wenn ein Seemann eines der kontrahirenden Staaten, nachdem er auf einem Schiffe des anderen
der kontrahirenden Staaten gedient hat, in einem dritten Staate, beziehentlich in dessen Kolonien oder in
den Kolonien desjenigen Staats, dessen Flagge das Schiff führt, in Folge von Schiffbruch oder aus