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2. Die Ertheilung der vollstreckbaren Ausfertigung (Civilprozeßordnung 88. 662 ff.) einer von
einer Gerichtsbehörde des Schutzgebietes erlassenen Entscheidung, eines vor derselben abge—
schlossenen Vergleichs oder einer von derselben aufgenommenen Urkunde der im 8. 702 Nr. 5
der Civilprozeßordnung bezeichneten Art kann, abgesehen von den unter Nr. 4 bezeichneten
Fällen, erforderlich werden, wenn die Parteien dieselbe zum Zwecke einer Zwangsvollstreckung
außerhalb des Schutzgebietes (s. unten Nr. 10, 11) beantragen.
Die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung erfolgt nach Maßgabe der 88. 662
bis 670 der Civilprozeßordnung, jedoch in allen Fällen (nicht bloß in denen der 88. 666, 669)
nur auf Anordnung des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten (6. 8 der
Verordnung vom 13. September 18860).
3. Die Zwangsvollstreckung innerhalb des Schutzgebietes ist in allen Fällen Sache der Gerichts-
behörde erster Instanz. Die Zwangsvollstreckung wird von dem betreffenden, zur Ausübung
der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigten Beamten angeordnet (§5. 2 der Verordnung
vom 7. Februar 1890).
4. Der Gläubiger, welcher eine Zwangsvollstreckung im Schutzgebiete beantragt, hat den Titel,
aus welchem dieselbe erfolgen soll, nur dann vorzulegen, wenn sich der Titel nicht in den
Akten der Gerichtsbehörde, an welche der Antrag gerichtet wird, befindet.
Die Beibringung einer vollstreckkbaren Ausfertigung liegt dem Glänbiger nicht ob,
soweit diese Ausfertigung von dem Gerichtsschreiber der bezeichneten Gerichtsbehörde zu ertheilen
sein würde (§. 2 der Verordnung vom 7. Februar 1890). Die Beibringung ist danach ins-
besondere erforderlich, wenn zur Zeit der Stellung des Antrags der Rechtsstreit noch bei dem
Obergericht des Schutzgebietes anhängig ist (§. 662 Absatz 2 der Civilprozeßordnung).
4 a. In den Fällen, in welchen der Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung nicht beizubringen
hat (Nr. 4 Absatz 2), darf die Zwangsuvollstreckung nur unter denselben Voraussetzungen
angeordnet werden, unter welchen nach §§. 664, 665 der Civilprozeßordnung die Ertheilung
einer vollstreckkaren Ausfertigung zulässig ist. Auf die Anordnung der Zwangsvollstreckung
finden die Vorschriften über Anhörung des Schuldners, über die Klage auf Ertheilung der
Vollstreckungsklausel, über Einwendungen gegen die letztere, über die Bemerkung der erfolgten
Ertheilung auf der Urschrift des Urtheils (8§. 666 bis 668, 670 der Civilprozeßordnung)
entsprechende Anwendung.
F. 5.
Bestimmungen für Strasfsachen.
(Zu §§. 4, 5 und 8 der Kaiserlichen Verordnung vom 7. Februar 1890.)
1. Die Verfügung, durch welche der Angeklagte vom Erscheinen in der Hauptverhandlung ent-
bunden wird (5. 4 der Verordnung vom 7. Februar 1890), kann, wenn sie von Amtswegen erfolgt, oder
ein bezüglicher Antrag von dem Beschuldigten schon vorher gestellt war, gleichzeitig mit der Mittheilung
des Termins der Hauptverhandlung an den Angeklagten erfolgen. Die Verfügung wird von dem zur
Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten erlassen. Derselbe hat dabei zu prüfen, ob die im
§. 4 der Verordnung bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Erscheint in der Hauptverhandlung nach
Ansicht des Gerichts die Verhängung einer höheren Strafe, als der im §. 4 bestimmten, angezeigt, so
muß die Verhandlung vertagt und der Angeklagte zu dem neuen Termin vorgeladen und eventuell vor-
geführt werden.
Unter allen Umständen muß, wenn ohne die Anwesenheit des vom Erscheinen entbundenen An-
geklagten verhandelt werden soll, derselbe, falls seine richterliche Vernehmung nicht schon im Vorverfahren
erfolgt ist, durch einen ersuchten oder beauftragten Richter über den Gegenstand der Auschuldigung ver-
nommen werden (Strafprozeßordnung §. 232, Absatz 2, 3). Nöthigenfalls ist diese Vernehmung nach
Maßgabe des Abschnitts III Nr. 4 der Dienstanweisung vom 2. Dezember 1886 einer anderen geeigneten
Person zu übertragen. Für das im §. 231 der Strafprozeßordnung vorgesehene Ungehorsamsverfahren
bedarf es hingegen einer vorgängigen richterlichen Vernehmung des Angeklagten nicht.
2. Das Verfahren in den durch §. 5 der Verordnung vom 7. Februar 1890 der Gerichtsbehörde
erster Instanz übertragenen Schwurgerichtssachen regelt sich nach den Vorschriften, welche für die im
§. 28 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Strafsachen gelten. Es findet daher auch