94 Buch I. Abschnitt 3. Die Rechtsinhaber.
Die Aufhebung der Entmündigung ist entweder „Aufhebung des Entmündi-
gungsbeschlusses“ und hat alsdann rückwirkende Kraft, so daß die Entmündigung (mit
einem später zu besprechenden Vorbehalt) # als gar nicht erfolgt gilt; oder sie ist „Wieder-
aufhebung der Entmündigung“ und läßt alsdann die Entmündigung bis zu dem
Augenblick in Kraft, in dem die Wiederaufhebung selbst wirksam wird. Erstere ist selbstver-
ständlich nur zulässig, wenn die Entmündigung von Anfang an ungerechtfertigt war: der
angeblich Geisteskranke ist z. B. in Wahrbeit niemals krank gewesen; letztere ist dagegen
auch dann statthaft, wenn der Entmündigungsgrund erst nachträglich fortgefallen ist: der
Geisteskranke ist z. B. nach geschehener Entmündigung wieder gesund geworden.
Der Antrag auf „Aufhebung des Entmündigungsbeschlusses“ ist binnen einmonatiger
Frist in Form einer Klage beim Landgericht einzureichen (ZPO. 664 Abs. 1, 684 Abs. 1).
Dagegen ist der Antrag auf „Wiederaufhebung der Entmündigung“ an das Amtsgericht zu
richten und bedarf der Klagform nicht (Z3PO. 675, 676 Abs. 3, 685); lehnt aber das Amts-
gericht die Wiederaufhebung ab, so kann auch dieser Antrag nur als Klage beim Landgericht
verfolgt werden; eine Frist besteht für den Antrag weder in dem einen noch in dem andern
Fall (Z3PO. 679, 686).
Merkwürdig verwickelt ist die Frage geregelt, wer den Antrag auf Aufhebung der Ent-
mündigung stellen kann. Antragsberechtigt ist nämlich: I. Bei der Klage auf Aufhebung des Ent-
mündigungsbeschlusses 1. der Entmündigte selber, 2. bei der Entmündigung wegen Geisteskrank-
heit und Geistesschwäche außerdem sein Gewalthaber sowie jeder, der auch die Entmündigung
selbst zu beantragen befugt war, also der Ehegaite, unter Umständen jeder beliebige Ver-
wandte, der Staatsanwalt (ZPO. 664 Abs. 2, 684 Abs. 1). II. Bei dem an das Amts-
gericht zu richtenden Antrage auf Wiederaufhebung der Entmündigung 1. der Entmündigte
selber und sein Gewalthaber, 2. bei der Entmündigung wegen Geisteskrankheit und Geistes-
schwäche außerdem der Staatsanwalt (3P0. 675, 685). III. Bei der Klage auf Wieder-
aufhebung der Entmündigung 1. der Gewalthaber des Entmündigten und, wenn dieser nicht
klagen will, der Entmündigte selber, letzterer aber nur dann, wenn das Prozeßgericht ihm
nach freiem Ermessen einen Rechtsanwalt als Vertreter bestellt; 2. bei der Entmündigung
wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche außerdem auch hier der Staatsanwalt (Z3PO. 679
Abs. 2, 3, 686 Abs. 2).
Die Klage auf Aufhebung des Entmündigungsbeschlusses oder auf Wiederaufhebung
der Emmündigung ist zu richten 1. bei der Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder
Geistesschwäche gegen den Staatsanwalt oder, wenn dieser selber klagt, gegen den Ge-
walthaber des Entmündigten; 2. bei der Enmündigung wegen Verschwendung und Trunk-
sucht gegen den, der die Entmündigung beantragt hat, oder, wenn dieser gestorben oder ver-
schollen oder im Auslande ist, gegen den Staatsanwalt (3PO. 666 Abs. 1, 2; 679 Abs. 4;
684 Abs. 3; 686 Abf. 3).
Die Entmündigung wird sofort wirksam, sobald der Entmündigungsbeschluß bei der
Entmündigung wegen Geisteskrankheit dem Gewalihaber des Entmündigten, in den übrigen
Fällen dem Entmündigten selbst zugestellt ist. Dagegen wirkt die Aufhebung der Ent-
mündigung erst, wenn der Beschluß oder das Urteil, in dem die Aufhebung angeordnet
wird, die Rechtskraft beschreitet (ZPO. 661; 683 Abs. 2; 672 Satz 2; 678; 679 Abs. 4;
684 Abs. 4: 685; 686 Abs. 4. Siehe aber auch BGB. 2229 Abs. 3, 2230).
b) Die Entmündigung bedeutet rechtlich, daß der Entmündigte, wenn die
Entmündigung wegen Geisteskrankheit geschah, einem Kinde, andernfalls einem
Mmderjährigen über sieben Jahren gleichgestellt wird. Doch ist die Gleichstellung
keine absolute; insbesondre fehlt dem Entmündigten, wie bereits erwähnt, die
Testamentsmündigkeit schlechtbhin; umgekehrt hat die Entmündigung auf die
Zurechnungsfähigkeit des Entmündigten keinen Einfluß (104 Nr. 3, 114, 2229
III, 827).
8) Siehe unten § 551 letzter Absatz, § 57 I letzter Absatz.