206 Buch J. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
nehme, fügt jedoch hinzu, zu 1: „aber nur wegen des Wagens, die Pferde sind mir zu
teuer“; zu 2: „und zwar wegen der beiden Pferde zusammen, jedes zu 1500 Mk.“; zu 3:
„Sie müssen mir aber das Tier durch Ihren Reitknecht zuführen lassen“; nun hat inzwischen
A. auf die Sachen von einem Dritten ein besseres Gebot erhalten; er erwidert deshalb dem
B., daß er nicht bloß dessen Abänderungsvorschläge ablehne, sondern daß nunmehr aus dem
ganzen Handel nichts würde. Hier ist A. im Recht; denn B. hat ja dadurch, daß er nur
verklausuliert annahm, das Angebot A.s abgelehnt. II. C. bestellt bei dem Antiquar D.
nach dessen gedrucktem Kataloge zehn verschiedne Bücher zu den im Kataloge genannten
Preisen; D. erwidert sofort, daß er das Angebot annehme, fügt jedoch hinzu: entweder 1. „je-
doch nur wegen der Nummern 1—6, 8—10 der Bestellung; Nummer 7 ist bereits anderweit
verkauft“; oder 2. „zur besseren Ausnutzung des Portos füge ich noch als Nr. 11 Daudets
Sappho, nach der Sie neulich fragten, elegant gebunden für nur 12 Mk. bei“; oder 3. „der
Transport geschieht auf Ihre Gefahr und Kosten“. Hier liegt überall, obschon der Sach-
verhalt anscheinend dem der drei Fälle zu! sehr ähnlich ist, eine gültige Annahme vor. Denn
zu 1 ist nicht (wie zu I, 1) ein einheitlicher Antrag (gerichtet auf zehn Bücher), sondern es
sind zehn getrennte Anträge (jeder auf je ein Buch gerichtet) gestellt; D. hat also nicht einen
Antrag beschränkt, sondern er hat von zehn Anträgen neun unbeschränkt angenommen, was
ihm freistand; wollte C. seine Bestellung der zehn Bücher nur als Einheit gelten lassen, so
hätte er das dem D. bemerklich machen müssen, während sich in Fall I, 1 die Einheitlichkeit
des Verkaufsangebots in Ansehung des Wagens und der beiden Pferde von selbst verstand.
Zu 2 war D. sicher nicht der Meinung, daß er die Bestellung der zehn Bücher nur annehme,
wenn C. sich auch noch die Zugabe des Daudet gefallen lasse; vielmehr hat er die Bestellung
der zehn Bücher unbeschränkt angenommen und rein äußerlich damit einen neuen Antrag
wegen des Daudet verbunden. Zu 3 ist der Zusatz anders als die Klausel zu I, 3 einfach
selbstverständlich (s. 447, 448), bedeutet also gleichfalls keine Beschränkung der Annahme.
III. E. bietet dem F. eine Buchhalterstelle in seinem Geschäft gegen ein Monatsgehalt von
200 Mk. an; F. erwidert, daß er sehr gern annehme, aber ein viel höheres Gehalt bean-
spruchen müsse; E. erklärt sich nunmehr sofort zur Verdopplung des Gehalts des F. bereit,
worauf F. erklärt, daß dies Gehalt zwar seinen Ansprüchen vollauf genüge, er aber trotzdem
das Angebot E.s ablehnen müsse, da er inzwischen bereits bei einem Konkurrenten E.& eine
Stellung angenommen habe. Hier ist F. im Recht. Denn seine angebliche Annahme des
Antrages des E. war wegen der von ihm zugesügten Klausel in Wahrheit eine Ablehnung.
Und zwar war sie, anders als in den bisher behandelten Fällen, nicht mit einem Gegen-
antrage verbunden, so daß es im Belieben E. gestanden hätte, durch sofortige Annahme
dieses Gegenantrages den Vertrag mit F. doch noch zustande zu bringen: denn die Klausel,
ich beanspruche ein höheres Gehalt, ist viel zu unbestimmt, um als Gegenantrag gelten
zu können.
3. a) Antrag und Annahme sind empfangsbedürftige Willenserklärungen
(s. 145, 146 und oben S. 156), werden also nur rechtswirksam, wenn sie
ihrer Adresse tatsächlich zugehn. Der Antrag ist vom Antragsteller an die
Adresse der Gegenpartei, die Annahme ist von der Gegenpartei an die Adresse
des Antragstellers zu richten.
b) Doch erleidet die Regel zu a in Ansehung der Annahme eine wichtige
Ausnahme, erstens wenn der Antragsteller auf eine Annahmeerklärung an seine
Adresse Verzicht geleistet hat, zweitens wenn er eine solche Annahmeerklärung
nach der Verkehrssitte auch ohne einen derartigen Verzicht gar nicht erwarten
kann (151). In diesen beiden Fällen ist es nämlich der Gegenpartei gestattet,
die Annahme des Antrages auch „still“ zu äußern (s. oben S. 156). Das
will folgendes besagen:
a) Die Gegenpartei muß die Annahme auch in diesen beiden Fällen