Metadata: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

730 Buch VIII. Abschnitt 1. Allgemeine Grundsätze des Erbrechts. 
mißversteht aber dessen mit Fremdwörtern gespickte Ratschläge und verfügt, in der Meinung, 
daß er damit lediglich seinem oben genannten Willen Ausdruck gebe: „ich berufe E. als 
Universalerben“. 3. F. hört, daß während seiner Krankheit von allen Verwandten nur G. 
nach ihm gefragt habe; er wird bloß hierdurch veranlaßt, den G. zum Alleinerben zu berufen; 
in Wirklichkeit haben sich aber die Verwandten H. und J. noch weit teilnahmevoller be- 
wiesen als G. 4. K. träumt, daß die Operation, der er für den folgenden Tag ent- 
gegensieht, gelingen werde, wenn er sein uneheliches Kind L., um das er sich bis jetzt gar 
nicht gekümmert hat, zum Erben einsetzt; er verfügt sofort die Erbeseinsetzung des L., lediglich 
in der abergläubischen Erwartung, daß der Traum Wahrheit werden werde; die Operation 
mißlingt und K. stirbt. II. Anders liegt folgender Fall: M. ernennt neben andern Ver- 
wandten auch den Sohn seines verstorbenen Bruders N. zum Erben, ohne zu wissen, daß 
dieser sittlich ganz verkommen ist. Hier ist Ungültigkeit der Erbeseinsetzung nicht an- 
zunehmen. Denn erstlich ist Unkenntnis und Irrtum nicht dasselbe: M. weiß vielleicht von 
dem sittlichen Zustande N.s nur deshalb nichts, weil er über N. niemals nachgedacht und 
ihn auch in seinem Testament nur gewissermaßen als Nummer erwähnt hat. Außerdem 
steht nicht fest, ob nicht M. auch dann, wenn er die Verkommenheit des N. gekannt hätte, 
ihm aus Mitleid oder Gleichgültigkeit den gleichen Erbteil zugewendet haben würde. 
Über die irrtümliche Ubergehung von Pflichtteilsberechtigten s. unten §8 441, 442. 
3. Letztwillige Verfügungen sind ungültig, soweit der Erblasser zu ihrer 
Errichtung widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist (2078 ID. 
II. Die Ungültigkeit einer letztwilligen Verfügung, die der Erblasser nicht 
im Ernst errichtet hat, tritt kraft Gesetzes ein. Dagegen greift die Ungültigkeit 
einer letztwilligen Verfügung im Fall des Irrtums und der Bedrohung nur 
Platz, wenn die Verfügung angefochten wird (118, 2078). 
1. a) Das Anfechtungsrecht steht demjenigen zu, dem die Aufhebung der 
anzufechtenden Verfügung unmittelbar zustatten kommen würde (2080 D. 
b) Doch gilt eine wichtige Besonderheit für den Fall, daß die Anfechtung 
auf einen Irrtum des Erblassers bezüglich einer bestimmten Person gegründet 
wird“ und diese Person nach der Regel zu a anfechtungsberechtigt ist oder, 
wenn sie den Erbfall erlebt hätte, anfechtungsberechtigt sein würde. In diesem 
Fall wird nämlich das Anfechtungsrecht jeder andern Person versagt; die Folge 
ist, daß, wenn jene Person den Erbfall erlebt, das Anfechtungsrecht ihr zusteht, 
während, wenn sie vor dem Erbfall stirbt, die Verfügung in Ermanglung eines 
Anfechtungsberechtigten unanfechtbar ist (2080 ID). 
Beispiele. I. A. will unter Ubergehung seines gesetzlichen Erben B. letztwillig den C. 
als Erben berufen, verschreibt sich aber und beruft den D. Hier ist nur B. anfechtungs- 
berechtigt, nicht C. Denn die Aushebung der Erbeseinsetzung D.s kann dem C. das ihm 
zwar zugedachte, aber doch nicht formell zugewendete Erbrecht nicht verschaffen; sie kommt 
also nicht dem C., sondern bloß dem gesetzlichen Erben B. zustatten. II. Gleicher Fall: 
nur hat A. für den Fall, daß D. nicht Erbe wird, als Ersatzerben den E. benannt. Hier 
steht das Anfechtungsrecht bloß dem E. zu, es sei denn, daß B. in der Lage ist, auch die 
Erbeseinsetzung des E. anzufechten. III. F. würde, wenn er keine letztw. Verf. errichtete, 
von seinen Brüdern G. und H. beerbt werden; nun hört er, daß J., das einzige Kind 
G.s, nach Amerika ausgewandert und dort wegen ehrenrührigen Verbrechens zu Zucht- 
haus verurteilt sei, und ist hierüber so empört, daß er seine ganze Verwandtschaft enterbt 
und als Alleinerbin die Stadt K. beruft; nach F.#s Tode stellt sich heraus, daß die Mit- 
teilung von der Bestrafung J.s auf Erfindung beruht. Wir unterscheiden nunmehr drei 
4) Weit enger Strohal, Erbrecht S. 304. 
 
	        
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