244 Buch I. Abschnitt ö. Rechtsgeschäfte.
möglicherweise einen Anspruch auf Sicherstellung gibt; erst wenn der Termin
da ist, fällt das volle Recht ihm zu. Umgekehrt: bei der auflösenden Befristung
hat der Berechtigte, solange der Termin noch nicht herangekommen ist, den Voll-
besitz des befristeten Rechts; aber eine andre Partei steht ihm gegenüber, die
schon jetzt die Anwartschaft darauf besitzt, daß mit der Herankunft des Termins
jenes Recht zu ihren Gunsten erlösche, und die im Fall der Gefahr möglicher-
weise die Sicherstellung ihrer Anwartschaft begehren kann; und wenn der
Termin gekommen ist, erlischt jenes Recht sofort, ohne daß es erst eines Ver-
zichts des Berechtigten oder einer Übertragung auf die Gegenpartei bedürfte.
Ebenso gelten, wenn der Inhaber eines aufschiebend befristeten Rechts vor Her-
ankunft des Termins durch rechtliche Verfügungen des Begründers seines Rechts
oder durch schuldhafte Handlungen tatsächlicher Art geschädigt wird, oder um-
gekehrt, wenn der Inhaber eines auflösend befristeten Rechts durch seine eignen
rechtlichen Verfügungen oder seine eignen schuldhaften Handlungen die Gegen-
partei schädigt, die gleichen Regeln, wie sie oben für die Inhaber aufschiebend
oder auflösend bedingter Rechte entwickelt sind (163).
II. Verbotene Rechtsgeschäfte.
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I. Zahlreiche Arten von Rechtsgeschäften sind gesetzlich verboten. Werden
sie trotzdem vorgenommen, so sind sie, falls das Gesetz nicht ein andres be-
stimmt, nichtig (134).
Beispiele. I. 1. Reichsgesetzlich verboten ist es, daß ein Gastwirt in seinen dem
Publikum zugänglichen Wirtschaftsräumen die Abhaltung von Glücksspielen gestattet (StrG.
285). Demnach ist eine solche Gestattung, wenn sie dem Verbot zuwider tatsächlich erteilt
wird, nichtig und für den Wirt nicht verbindlich. 2. Landesgesetzlich verboten ist in Preußen
das Spielen in nicht genehmigten außerpreußischen Lotterien (preuß. Ges. v. 29. 7. 85).
Demnach ist ein Spielvertrag, der in Preußen über nichtpreußische Lotterielose dem Verbot
zuwider tatsächlich abgeschlossen wird, nichtig und für keine Partei verbindlich. Das Reichs-
gericht hat freilich die Richtigkeit dieser Entscheidung nur mit großen Einschränkungen an-
erkannt. 1 II. Reichsgesetzlich verboten ist es, daß ein Mann heiratet, bevor er volljährig
geworden ist (1303). Trotzdem ist, wenn ein Minderjähriger diesem Verbot zuwider eine
Ehe tatsächlich eingeht, die Ehe nicht nichtig. Denn für diesen Fall hat das Gesetz ausdrücklich
„ein anderes“ bestimmt (1323 [„nur“]).
Gleichgültig ist, ob das gesetzliche Verbot das Rechtsgeschäft im ganzen oder nur einen
wesentlichen Teil des Rechtsgeschäfts trift. Demnach sind z. B. in Preußen Verträge, laut
deren die eine Partei die andre vom Mitbieten bei einer öffentlichen Versteigerung durch
Gewährung eines Vorteils abhält, nichtig, obschon das maßgebende Landesgesetz (preuß.
StrGB. 270) nur das „Abhalten vom Bieten durch Gewährung“ und nicht auch „das sich
vom Bieten Abhaltenlassen durch Annahme eines Vorteils“ verbietet. Doch hat das Reichs-
gericht in einer Plenarentscheidung das Gegenteil angenommen.
1) RG. 18 S. 24, 58 S. 280.
2) RG. 60 S. 274. Abw. früher RG. 51 S. 401.