Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 113. Schulderlaß. 8 1134. Novation. 453 
gehend, daß er dankend annehme; dieser Annahmebrief geht aber auf der Post verloren. 
Hier ist der Schulderlaß ungültig, der Verzicht auf das Pfandrecht gültig. Denn der Ver- 
zicht auf das Pfandrecht kann vom Gläubiger einseitig erklärt werden (1255, 1273), der 
Verzicht auf die Forderung nicht. Das Ausbleiben der Annahmeerklärung B. ist also für 
ersteren Verzicht unschädlich, während er letzterem Verzicht die Wirksamkeit nimmt. Aus 
welchen Gründen der Gesetzgeber sich zu einer so verschiedenen Behandlung der beiden Ver- 
zichte entschlossen hat, ist sein Geheimnis geblieben. 
Ubrigens ist die Regel, daß ein Schulderlaß nur mit Einwilligung des Schuldners 
vorgenommen werden kann, eine leere Formalität. Denn der Gläubiger braucht, wenn der 
Schuldner seine Einwilligung verweigert, nur einen Strohmann zu bestellen, der jenem eigen- 
sinnigen Schuldner die Schuld abnimmt (414), und kann dann den Schulderlaß mit Ein- 
willigung des Strohmanns erklären. 
II. Der Schulderlaß kann auch verschleiert in der Art erklärt werden, 
daß der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, daß die 
Schuld nicht bestehe (397 II). 
III. Im übrigen finden auf den Schulderlaß die für Verfügungen über 
Forderungsrechte im allgemeinen geltenden Regeln (oben S. 410 ff.) Anwendung. 
6. Novation. 
§ 113. 
Eine Forderung erlischt insoweit, als eine Novation eintritt, d. h. in- 
soweit, als an ihre Stelle eine andre Forderung gesetzt wird. 
I. Die Novation erfolgt stets vertragsmäßig. An dem Vertragsschluß 
muß auf der einen Seite derjenige, dem die Verfügungsmacht über die alte 
Forderung zusteht, auf der andern Seite der Schuldner der neuen Forderung 
teilnehmen. Daß auch der Schuldner der alten Forderung teilnimmt, ist 
nur erforderlich, wenn er mit dem Schuldner der neuen Forderung identisch ist. 
II. Die neue Forderung muß sich von der alten irgendwie unterscheiden. 
Denn sonst hätte es ja keinen Zweck, sie an deren Stelle zu setzen. 
III. Die Novation kann eine Leistung an Erfüllungsstatt auf die alte Forde- 
rung darstellen (oben § 109): der Gläubiger erwirbt die neue Forderung, 
um ebendadurch einen Ersatz für die Erfüllung der alten Forderung zu er- 
halten. Ebensogut kann die Novation aber auch andern Zwecken dienen, 
zumal dann, wenn die alte Forderung noch nicht fällig und deshalb von ihrer 
Erfüllung zunächst noch nicht die Rede ist: ein solcher Zweck ist vor allem, 
gewisse Schwierigkeiten, die bei der dereinstigen Geltendmachung der alten 
Forderung zu besorgen sein würden, dadurch zu beseitigen, daß an die Stelle 
der alten eine neue leichter zu handhabende Forderung gesetzt wird. 
IV. Von der Novation zu unterscheiden ist das sog. Schuldkonstitut. 
Dies besteht darin, daß eine neue Forderung nicht an die Stelle der alten 
Forderung, sondern neben sie gesetzt und daß vereinbart wird, durch Be- 
1) R. 65 S. 80.
	        
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