Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 151. Anweisung. 627 
den Schuldner aus, so daß Gläubiger und Anweisender, Schuldner und An- 
gewiesener die nämlichen Personen sind; II. der Schuldner stellt über den 
Betrag seiner Schuld eine Anweisung zugunsten seines Gläubigers aus, so daß 
Schuldner und Anweisender, Gläubiger und Empfänger die nämlichen Personen 
sind; III. jemand hat den nämlichen Betrag, den er seinem Gläubiger schuldig 
ist, von einem Dritten zu fordern und stellt nun sowohl über den Betrag 
seiner Forderung wie über den seiner Schuld eine einzige Anweisung aus, so 
daß er, der Anweisende, zugleich Gläubiger und Schuldner, der Angewiesene 
nur Schuldner, der Empfänger nur Gläubiger ist. 
b5o) Die Anweisung tilgt im Fall 1 die Forderung des Anweisenden gegen 
den Angewiesenen, im Fall II die Forderung des Empfängers gegen den An- 
weisenden, im Fall III alle beide Forderungen. Die Tilgung erfolgt aber 
nicht schon dadurch, daß die Anweisung dem Empfänger ausgehändigt, und 
auch nicht dadurch, daß sie vom Angewiesenen angenommen, sondern erst da- 
durch, daß sie vom Angewiesenen bezahlt wird (787 1, 788): sie gilt also nicht 
als Befriedigung des Gläubigers, sondern nur als Vorbereitung dazu. Dem- 
gemäß kann ein Gläubiger, der von seinem Schuldner zum Zweck seiner Be- 
friedigung eine Anweisung bekommen hat, unter Rückgabe dieser Anweisung 
auf seine ursprüngliche Forderung zurückgreifen. 
c) Die Anweisung kann zur Schuldenbezahlung nur benutzt werden, wenn 
sowohl der Gläubiger als der Schuldner aus freien Stücken damit einver- 
standen ist. Es braucht also kein Gläubiger darauf einzugehn, daß der 
Schuldner ihn auf dem Umwege der Anweisung befriedigt; und es braucht 
kein Schuldner darauf einzugehn, daß der Gläubiger seine Befriedigung bei 
ihm auf dem Umwege der Anweisung sucht. Jener kann die Entgegennahme, 
dieser kann die Bezahlung der Anweisung ablehnen (787 II). 
4) Alle diese Regeln sind aber selbstverständlich nicht zwingenden Rechts. 
Insbesondre ist eine Abrede zulässig, wonach der Gläubiger, der von seinem 
Schuldner eine Anweisung bekommen hat, damit seine ursprüngliche Forderung 
preisgibt, sei es einstweilig, so daß er wenigstens in erster Reihe die Anweisung 
geltend machen muß und auf die ursprüngliche Forderung erst dann zurück- 
greifen darf, wenn der Angewiesene die Bezahlung der ihm vorgelegten An- 
weisung abgelehnt hat, sei es endgültig. 
5. Die Anweisung wird aber auch zu andern Zwecken benutzt als zur 
Bezahlung von Schulden. So wird sie häufig mit der Vereinbarung gegeben, 
daß der Empfänger den Anweisungsbetrag zwar im eignen Namen, aber für 
Rechnung des Anweisenden einzuziehn habe: Anweisung zum Inkasso; 
genau besehn, handelt es sich hier freilich um einen Mißbrauch der Anweisungs- 
sorm: denn hier würde ein gewöhnlicher Einziehungsauftrag die gleichen Dienste 
leisten. Ferner kommt eine Anweisung auf Kredit vor: der Empfänger soll 
den Anweisungsbetrag für eigne Rechnung erheben, aber nach Ablauf der 
Kreditfrist den Wert an den Anweisenden erstatten. Auch eine Anweisung 
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