§ 267. Orderschuldverschreibung. Indossament. Eigentumserwerb. 425
noch genauer zu zeigen, etwaige rechtsgeschäftliche Mängel des Indossaments
dem Indossatar nur dann schädlich sind, wenn er bei dem Erwerbe in schlechtem
Glauben war.
Ohne weiteres ist klar, daß alle Zweifel, die bei Orderschuldverschreibungen für die
Rechtsnatur des Ausstellungsakts gelten (s. oben S. 423 b), auch bezüglich der Rechtsnatur
des Indossierungsakts auftauchen.
R) Einer staatlichen Genehmigung bedarf die Indossierung nicht.
III. 1. Sachenrechtlich sind die Orderschuldverschreibungen vor allem durch
folgende merkwürdige Regel ausgezeichnet: hat jemand an einer solchen Urkunde
den Besitz erlangt, so kann er, wenn sie formgerecht mit einem auf seinen
Namen lautenden Indossament oder mit einem Blankoindossament abschließt,
zur Herausgabe nur für den Fall angehalten werden, daß er beim Erwerbe
der Urkunde sich in schlechtem Glauben befunden, d. h. daß er damals gewußt
oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewußt hat, er sei zum Besitz nicht
berechtigt (s. Wechs Ordn. 74; HGB. 365 1; Sch Ges. 8 II).
a) Wie es scheint, bedarf die vorstehende Regel sowohl einer einschränkenden
wie einer ausdehnenden Auslegung.
#)Einerseits ist die Regel einzuschränken: der Besitzer wird durch das
ihn legitimierende Namens= oder Blankoindossament nur gegen dingliche, nicht
aber auch gegen obligatorische Herausgabeansprüche geschützt; während er der
Vindikation oder dem Anspruch aus 1007 nur im Fall schlechten Glaubens
unterworfen ist, kann er auf Grund Vertrages, ungerechtfertigter Bereicherung,
Geschäftsführung ohne Auftrag auch bei gutem Glauben zur Herausgabe ge-
zwungen werden.“
6) Andrerseits ist die Regel auszudehnen: der Besitzer wird durch das
ihn legitimierende Namens= oder Blankoindossament nicht bloß negativ gegen
die Herausgabeansprüche Dritter, sondern auch in dem Erwerbe positiver eigner
Rechte an der Schuldverschreibung geschützt; namentlich ist anzunehmen, daß,
wenn jemand eine Orderschuldverschreibung dem bisherigen Eigentümer stiehlt
und sodann einer formgerecht durch Namens= oder Blankoindossament legiti-
mierten gutgläubigen Person übereignet oder verpfändet, diese Person nicht
bloß negativ dem Bestohlenen die Herausgabe der Urkunde verweigern darf,
sondern dank ihrem Besitz und dem Indossament an der Urkunde positiv Eigen-
tum oder Pfandrecht gewinnt.“
b) Dagegen wird man im übrigen an dem Wortlaut der Regel festhalten
müssen, so auffällig er ist. Insbesondre ist kaum zu bezweifeln, daß die Regel
auch zugunsten einer Person anwendbar ist, die den Besitz der Schuldver-
schreibung durch einen nichtigen Vertrag" oder gar auf nicht vertragsmäßigem
Wege erworben hat 7, und daß ihre Anwendbarkeit auch dann nicht ausge-
4) Abw. Staub (6. Aufl. 09) Anm. 13 zu Wechsordn. 74.
5) Gierke, DPr R. 2 S. 146, 150.
6) Vgl. aber Adler österr. Wechselrecht (O4) S. 60.
7. RE. 55 S. 48.